Dieter Kersten - Mai / Juni 2011

   
 

Rolf Verleger und Daniel Barenboim

 
     
 

(D.K.) Der außeruniversitären Öffentlichkeit ist Rolf Verleger vor allem als Direk- toriumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland und als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein bekannt geworden. Ich biete in der Buchbestelliste ein Taschenbuch von Rolf  Verleger Israels Irrweg-Eine jüdische Sicht an. Er hat am  22. März 2011 anläßlich der Verleihung der Otto-Hahn-Friedensmedaille an Daniel Barenboim die Laudatio gehalten. Sie können sich  unter www.ag-friedensforschung. de/themen/Friedenspreise/otto-hahn.html die Laudatio herunterladen. Sie können von mir auch eine PDF-Datei mit der Laudatio haben.

Daniel Barenboim, Pianist und Dirigent, ist seit 1992 Künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Daniel Barenboim ist russischer Abstammung mit argentinischer, israelischer, spanischer und symbolischer palästinensischer Staatsangehörigkeit. Aus der Laudatio von Rolf Verleger: Die Familie Barenboim  siedelte  1952 von Argentinien  nach  Israel  über. Herrn Barenboims Vater  wollte  nicht  mehr als Minderheit leben,  und  er  sah  auch  die Chance,  die sich  für  seinen  zehnjährigen  Sohn  als Pianist  in  Israel  bot. Und in  der  Tat: Israel  war  stolz  auf  sein Wunderkind Daniel  Barenboim.  Ben Gurion  höchstpersönlich  war  auf Barenboims Hochzeitsfeier  1967  in Jerusalem. Daniel  Barenboim  sagt  in einem  Interview  mit  dem Tagesspiegel 2008,  er habe  bei  den  Kriegen,  die Israel  nach seiner  Einwanderung  führte, 1956, 1967, 1973,  immer  in  Israel Konzerte gegeben. Die  Musik,  sagt  er, war  meine  „Waffe“ für  Israel.    Bei  ihm habe  es  aber  im Kopf  "Klick"  gemacht, als  die  israelische  Premierministerin Golda  Meir  1970 sagte  "Palästinenser? Was  soll  dieses Gerede  von  den  Palästinensern?  Das palästinensische  Volk sind  wir!".  Das habe  ihn  fassungslos gemacht.  In seinem eingangs  erwähnten Interview  in  der „Zeit“  sagt  er:  "Wie ist das  möglich? Bei  einem  Volk,  das Spinoza  und Maimonides  und  Martin Buber  hervorgebracht  hat?  Es  sind alles intelligente Menschen.  Wenn  du  mit ihnen  über Beethoven  oder  über  Shakespeare  oder über  Karl  Marx  sprichst, dann  haben sie rationale  Argumente, aber  wenn  du  auf das  Thema  Palästinenser  kommst, werden  sie  total  blind. Das  ist  nicht  zu erklären."

Der  Israeli  Daniel  Barenboim  fand  auf palästinensischer  Seite  eine  verwandte Seele  –  Edward  Said,  ein  Weltbürger wie  Barenboim,  Professor  für  Englisch und  vergleichende  Literaturwissenschaft in  den  USA,  Mitglied  des  palästinensischen  Exil, und  vor  allem:  ein  Liebhaber  der  Musik.  Und  zusammen  faßten sie  den  Plan,  Barenboims  musikalische Gaben  zu  verknüpfen  mit  dem  Anliegen der  Versöhnung:  Sie  gründeten  1999 das "West-Östliche-Diwan-Orchester":  Ein Orchester,  in  dem  Israelis,  Palästinenser und  Angehörige  von  Nachbarstaaten Israels  zusammen  spielen  – und  zwar nicht  einfach  als  Ferien- und Freizeit-Folkloregruppe, sondern als ein Klangkörper unter Maestro  Barenboim,  der sich die  höchsten  Ansprüche  setzt  und auch dieses  Jahr  auf  Tournee  gehen wird,  mit Beethoven,  der  Symphonie No.10  von Gustav  Mahler  und  dem Kammerkonzert von  Alban  Berg.

Daniel Barenboim ist in der Tat ein beispielhafter Kulturschaffender, der viele Politiker geistig und moralisch überragt. Ich verfolge seinen Weg schon lange, zumal mich Kultur und alles was damit zusammenhängt, sehr bewegt - siehe der Kleine Kulturspiegel in vielen NP-Ausgaben.

Den Hinweis auf die Laudatio erhielt ich von Leser Joachim Scharoun. Herr Scharoun schreibt u.a.: > Dies ist derselbe Skandal, denn diese Laudatio ist bisher unveröffentlicht, und es ist ungewiß ob sie veröffentlicht wird. Herr Wowereit verließ demonstrativ den Saal, denn wer behauptet daß die Palästinenser nicht identisch mit den Nazis sind, ist nicht normal und ein Antisemit.< Ich kann beiden Vorwürfen nicht folgen. Die Laudatio ist auf jeden Fall im Internet veröffentlicht und es gibt keine Nachricht, daß Herr Wowereit den Saal demonstrativ verlassen hat.

 
     
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