Dieter Kersten - Juli / August 2007

   
 
Gedanken zu Europa  
     
 

Ist es uns, den Deutschen, den Europäern, überhaupt klar, was für ein Europa wir haben wollen? Das Kürzel EU heißt ausgeschrieben Europäische Union. Was ist eine Union? Im Etymologischen Wörterbuch steht lapidar: Union, ab 16. Jahrhundert, entlehnt aus dem Lateinischen =  unio / unos: > ein, in eins <.  Erleben wir uns in Europa als eins?

In der Brockhaus Enzyklopädie von 1974 ist politikbezogen zu lesen: Union [lat.], Vereinigung, Bund; Staatslehre: eine Art der Staatenverbindung, die dauernder oder enger ist als die Allianz oder Konföderation. Union ist insbesondere die Verbundenheit mehrerer Staaten durch denselben Monarchen (Personalunion, —> Realunion). Doch kann sich eine Union auch ohne Gemeinsamkeit des Staatsoberhaupts ergeben, wenn andere Staatsorgane gemeinsam sind (Kalmarer Union; Utrechter Union = Niederlande, Geschichte). Auch der Akt, durch den mehrere Staaten sich zu einem verschmelzen, wird oft Union genannt (Union zwischen England und Schottland 1707 zu Großbritannien, Union zwischen Großbritannien und Irland 1801). Die Verbindung der von Großbritannien abgefallenen nordamerikanischen Kolonien (anfänglich Konföderation) nahm 1787 den Namen Union an (Vereinigte Staaten). Für den 1849 nach dem Scheitern der Frankfurter Reichsverfassung geplanten Bundesstaat bürgerte sich der Name > Erfurter Union < ein. Neuerdings werden auch Vereine mehrerer Staaten zur Besorgung einer gemeinsamen Verwaltungsangelegenheit durch gemeinsame Einrichtungen (Büros, Behörden) mit dem Namen Union bezeichnet   (Montan-Union; Zoll-Union).

Es scheint mir, daß der Begriff Unionmitsehr variablen Inhalten gefüllt werden kann. Deshalb möchte ich mir noch einen anderen, in Zusammenhang mit Europa nicht oft verwendeten Begriff Föderation bzw. Konföderation ansehen.

Im EtymologischenWörterbuchsteht unter Föderalismus folgendes: 'bundesstaatliche Staatsform‘ (ab 19. Jahrhundert). Neubildung zu lateinisch (cõn)foederãtio (-õnis) für 'Vereinigung' (auch deutsch als Konföderation), einer Ableitung von lateinisch foederãre 'durch ein Bündnis vereinen', zu lateinisch foedus neutrum 'Bündnis'; dieses zu lateinisch  fidere 'vertrauen'. Die Bildung zunächst in französisch fédéralisme. Adjektiv: föderalistisch. Das gleiche Grundwort (lateinisch fidere) liegt auch fidel, Hi-Fi und perfide zugrunde.

Meine Brockhaus Enzyklopädie von 1974hat bei Föderationeine unverzeihliche Lücke. Im Internet habe ich über Föderationalles Möglichegefunden, nur nicht eine eigenermaßen neutrale Begriffsdefinition. Erstaunlich! Unter Konföderation fand ich in meiner Brockhaus Enzyklopädiefolgendes: Konföderation [lat. >Bündnis<], Staatenbund (Föderation), Verbindung; in Polen auch die Adelsgruppen, die sich für bestimmte Ziele bildeten und während eines Interregnums die Herrschaftsgewalt übernahmen. Die Konföderation von Warschau (1573) sicherte die Religionsfreiheit, die Konföderation von Bar (1768) verfolgte nationale, antirussische Ziele, die Konföderation von Targowica (1792) wandte sich gegen die Verfassung vom 3. 5. 1791. Häufig richteten sie sich gegen den König, entfesselten dadurch innere Unruhen und trugen viel zur Auflösung des altpolnischen Staates bei.

Wobei wir fast schon bei einem der Themen wären. Aber lassen Sie mich noch auf allgemeine Gesichtspunkte eingehen.

Ich habe unter Konföderation immer einen Staatenbund verstanden, in der größtmögliche Zusammenarbeit vereinbart wird und in der möglichst viele Besonderheitenerhalten bleiben. So hielt ich z.B. eine gesamtdeutsche (Kon-) Föderation für möglich, in der die jeweiligen Staatsformen und die sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der DDR und der BRD (vorerst) erhalten geblieben wären  Eine Union erschien mir immer zu weitgehend und vielleicht auch beliebig zu sein.

Auf die europäische Ebene übertragen, wäre in einer Konföderation das Miteinander von Monarchien und Republiken ohne Probleme möglich. In einer  Konföderation wäre möglicherweise eine gemeinsame Repräsentation nach außen notwendiger, als eine total verbürokratisierte Nivellierung und Komplizierung sozialer und wirtschaftlicher Gesetze im Innern. Ein Konföderationsvertrag könnte die Bestimmung enthalten, daß gemeinsame, auf die jeweilige Innenpolitik gerichtete Gesetze nur dann wirksam sein dürfen, wenn sie für alle Mitglieder einen für das jeweilige Staatsvolk substantiellen Fortschritt bedeuten. Nach meiner Auffassung wäre eine Konföderation außerordentlich verbindlich, wenn sich die Staaten auf Gewaltfreiheit nach innen und nach außen verpflichten würden. Die Regierungen der Staaten in einer Konföderation sind  von ihren Völkern weitaus verantwortlicher zu machen. Die demokratische Kontrolle nach den Traditionen eines jeden Mitgliedslandes kann effektiver erfolgen, als bei einer Union.

In einer Konföderation sollte übrigens jeder teilnehmende Staat nur eine Stimme haben, unabhängig von der Bevölkerungszahl. Eine Konföderation hat keine Hilfsgelder zu vergeben. Ein möglicherweise notwendiger finanzieller Ausgleich zwischen den Staaten hat bilateral bzw. regional zu erfolgen. Ich bin überhaupt der Auffassung, daß, wenn Staatsgrenzen wirtschaftlich und sozial überwunden werden sollen, das sehr gut und fast nur regional erfolgen kann. Regionale Wirtschaftskreisläufe werden in den nächsten Jahren interessanter und wichtiger werden als der wirtschaftliche Verkehr mit der Volksrepublik China oder den Vereinigten Staaten von Amerika. Das hat was mit den Energiekosten zu tun, mit der Arbeitslosigkeit, und, um ein neudeutsches Wort zu benutzen, mit der Nachhaltigkeit wirtschaftlichen Handelns.

Hier an dieser Stelle müssen wir uns die Frage stellen, was für einen Zweck die Europäische Union (EU), die früher einmal Europäische Gemeinschaft (EG) genannt wurde, hatte und hat. > 1951 schlossen sich Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Deutschland, Italien und Frankreich zur Montanunion bzw. EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) zusammen. Der Versuch, eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) sowie eine Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) zu gründen, scheiterte 1954 an der französischen Nationalversammlung. Daraufhin wurden 1957 mit den Römischen Verträgen die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) sowie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet. Der Sammelbegriff Europäische Gemeinschaften (für EGKS, Euratom und EWG) wurde im alltäglichen Sprachgebrauch mehr und mehr durch den Singular Europäische Gemeinschaft verdrängt. Mit dem Maastrichter Vertrag 1993 wurde schließlich die Europäische Union gegründet, die die alten Gemeinschaften und Kooperationsformen umfaßt. Nach der Ost-Erweiterung in den Jahren 2004 und 2007 zählt diese 27 Mitglieder.<

Diesen Text habe ich WIKIPEDIA = Europa = Politische Organisationen entnommen. Interessant ist, daß von wirtschaftlichen Organisationen  nicht die Rede ist.

„Europa“ war zu Anfang, nach 1945, eine Methode, Deutschland wirtschaftlich und militärisch unter Kontrolle zu halten. „Unter Kontrolle“ heißt natürlich auch „unter Einfluß“. Begründet wurde dieses „unter Kontrolle“ bzw. „unter Einfluß“ damit, daß die Deutschen eigentlich alle Verbrecher sind und nie mehr Selbstständigkeit (Souveränität) erlangen sollten. Diese (schmutzige) Ideologie hat insofern eine Erweiterung erfahren, als die Großkonzerne, nunmehr multinational organisiert und in ihrer Verantwortlichkeit nicht mehr faßbar, ihre Kontrolle und ihren Einfluß auf ganz Europa ausdehnen. Sie stoßen auf europäische Länder, die sich mehr denn je auf „Hilfe aus Brüssel“ (fremde Steuergelder)  verlassen, als daß sie aus eigener Kraft nach neuen wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Lösungen suchen. Das ist auch für die Bundesrepublik Deutschland mehr als nöitg.

Leser Dr. H.G. Vogelsang schreibt in einer Email am 13. Juni 2007: > Zu den fünf Ländern mit den höchsten Militärausgaben zählen außer den USA, China und Japan auch Frankreich und Großbritannien. < 62 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges befinden sich zwei Mitglieder der Europäischen Union auf Platz 4 + 5 der Rüstungsmächte. Wozu, frage ich mich - soll wieder ein europäischer Krieg „vom Zaun gebrochen“ werden?

Der Vollständigkeit halber: Deutschland befindet sich mit 2,8 Milliarden Euro auf Platz 3 des weltweiten Export-Rankings für Rüstungsgüter. Kein Wunder also, wenn nicht nur DIE LINKE schweigt; geht es doch um Arbeitsplätze. Diese zu sichern, bedarf es neuer Ideen, und die hat keine Parlamentspartei irgendwo in Europa - soweit mir bekannt ist. Um Wachstum in die Rüstungsmilliarden zu bringen, müssen Kriege initiiert werden. Die begleitende Wohltätigkeit ist auch ein großes Geschäft - für Deutschland und  Europa.

Noch einmal: neue wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Lösungen müssen her, um Frieden, Freiheit und Wohlstand zu ermöglichen. Wir haben genug Ideen-Bringer: Silvio Gesell und sein „fließendes Geld“, Rudolf Steiner mit seiner „Dreiteilung des sozialen Organismus“, Artur Mahraun mit seiner grundsätzlichen Demokratie-Reform durch Nachbarschaften und Götz Werner und das „bedingungslose Grundeinkommen“.

Wir brauchen keine Soldaten und keinen Krieg, wir brauchen nur neue Ideen für ein friedliches Zusammenleben.

Bei einem europäischen Großereignis schienen den Medien fast in Atem anzuhalten: beim Gipfel der Europäischen Union in Brüssel am 21./22. Juni 2007. Die Verfassung ist „out“, der Vertrag ist „in“. Trotz „Atem anhalten“ zeichnet es den Gipfel aus, daß es keine inhaltlichen Informationen gibt. Ich habe heute, am 24. Juni, versucht, den neuen europäischen Vertrag im Internet zu lesen. Es ist mir nicht gelungen. Nichts von Bürgernähe! Wir haben zu schlucken, was die Obrigkeit für uns als Giftgetränke bereithält. Nach außen drang, daß Großbritannien (Premierminister Blair) dem „Grundrechtekatalog“, der „Fahne“ und der „Hymne“ nicht zugestimmt hat, obwohl diese drei Themen durch die Zustimmung zur „Verfassung“ bereits abgehakt waren. 

Ich fordere, daß in allen 27 EU-Staaten der Vertrag durch Volksabstimmungen bestätigt werden muß.

Polens Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski hatte am Donnerstag im fernen Warschau argumentiert, ohne den Zweiten Weltkrieg und die Mordaktionen der Deutschen an der polnischen Bevölkerung wäre Polen heute ein Staat mit 66 statt 38 Millionen Einwohnern. Mit dieser absurden Argumentation wollte er mehr Stimmrechte in der EU erreichen. Sein Zwillingsbruder, der Staatspräsident Lech Aleksander Kaczynski, der in Brüssel Polen vertrat, hat diese abartige Argumentation in den Verhandlungen vertreten. In der Berichterstattung nach Außen wird besonders hervorgehoben, daß Angela Merkel als Ratspräsidentin und deutsche Bundeskanzlerin auf diese Feindseligkeit gegenüber den Deutschen nicht eingegangen ist. Ich finde das sehr erfreulich, weil es nichts bringt, solchen Leuten, die ja Macht und Deutungshoheit für sich beanspruchen,  ihren Unsinn amtlich vorzuhalten. Ich bin jedoch nicht Mitglied des EU-Rates oder der Bundesregierung und darf mich zu diesem Kaczynski-Blödsinn äußern.

Etwas  polnische Geschichte ist notwendig.

Die Kaczynski-Zwillinge sind heute noch Anhänger des polnischen Marschalls Józef Pilsudski (1867-1935), der  maßgeblich an dem Kampf um die polnische Einheit und Unabhängigkeit beteiligt war. 1923 hatte sich Pilsudski aus der Politik zurück gezogen. Am 12.-15. Mai 1926 kam der Marschall durch einen Staatsstreich wieder an die Macht. Hintergrund war eine Verschlechterung der außenpolitischen Lage sowie Mißwirtschaft und Korruption im Innern. Gestützt auf die Loyalität der Armee und auf sein hohes Ansehen bei der Bevölkerung errichtete Pilsudski eine Staatsform autoritärer Prägung, die er "moralische Diktatur" nannte. 1928-1930   wandelte sich der gemäßigte Charakter der "moralischen Diktatur". Neben Verfassungsbrüchen kam es verstärkt zur Verfolgung politischer Gegner.

Vor und während dieser  "moralischen Diktatur" in Polen kam es auch zu Judenpogromen und zu Pogromen gegen die deutsche Volksgruppe. Es gibt keine Beweise, daß Marschall Józef Pilsudski der Initiator dieser Pogrome war, aber er hat sie geduldet. Diese Pogrome und die bösartige Vertreibung der Deutschen ab 1945 aus dem polnischen Staatsgebiet haben natürlich der Bevölkerungsentwicklung einen Bärendienst erwiesen. Die polnische Gesellschaft von damals trägt dafür die Verantwortung.

Die Kaczynski-Zwillinge fühlen sich als Nachfolger Marschall Józef Pilsudskis und versprechen „moralische Erneuerung“.

Der luxemburgische Ministerpräsident Juncker soll gesagt haben, die  Kaczynski-Zwillinge leiden an einer Antideutschen-Phobie. Das ist ein medizinisch-psychologisches Problem, was in den zuständigen Kliniken gelöst werden sollte. Die polnischen Wähler müssen dem Treiben der Kaczynskis ein Ende setzen.

 
     
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