September 2005    
 
Ludwig-Holger Pfahls
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Ludwig-Holger Pfahls (* 13. Dezember 1942 in Luckenwalde) war Mitglied der CSU, von 1985 bis 1987 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und von 1987 - 1992 Staatssekretär im deutschen Bundesministerium der Verteidigung.

Im April 1999 erwirkte die Staatsanwaltschaft in Augsburg einen Haftbefehl gegen Pfahls. Ihm wird Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien vorgeworfen. Pfahls tauchte unter und wurde 5 Jahre später, am 13. Juli 2004 in Paris verhaftet und am 20. Januar 2005 an Deutschland ausgeliefert. Am 3. August 2005 wurde Pfahls durch die Aussage des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl entlastet, indem dieser die eigene Verantwortung für ein Panzergeschäft mit Saudi- Arabien bestätigte. Pfahls droht nun eine Strafe wegen Vorteilsannahme, wofür das Gesetz eine mildere Strafe vorsieht, als für Bestechlichkeit.

Biographie
Der Sohn eines Hauptmanns ist promovierter Jurist und war als Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht und als Staatsanwalt für Wirtschaftssachen tätig.

Politische Karriere
1974 wechselte Ludwig-Holger Pfahls in das neu geschaffene Bayerische Umweltministerium. 1976 trat er als Landtagsreferent in die Bayerische Staatskanzlei ein, wo Franz-Josef Strauß auf ihn aufmerksam wurde und ihn 1978 als persönlichen Referenten in seinen engeren Mitarbeiterkreis holte. Ab 1981 war Pfahls Leiter des Büros des Bayerischen Ministerpräsidenten. Im Jahr 1982 übernahm er die Leitung der Grundsatzabteilung in der Staatskanzlei.

1985 wird Pfahls Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. 1987 holte ihn der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) auf Vorschlag von Strauß als beamteten Staatssekretär in das Ministerium. Er war dort verantwortlich für Rüstungskontrolle, Beschaffung und Export von Waffen. Im Rahmen dieser Tätigkeit wird ihm seit 1999 Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vorgeworfen. 2000 wurde Pfahls wegen rückständiger Parteibeiträge aus der CSU ausgeschlossen.

Vorwürfe
Ludwig-Holger Pfahls soll in mehreren Fällen Schmiergelder in Höhe von mehreren Millionen DM kassiert haben, um politische Entscheidungen im Sinne von Lobbyisten zu befördern. Konkrete staatsanwaltliche Ermittlungen bestehen allerdings nur im Falle einer Lieferung von ABC-Panzern an Saudi-Arabien (Karlheinz Schreiber). Im Komplex Leuna-Affäre (Dieter Holzer) wird - zumindest in Deutschland - zur Zeit nicht ermittelt.

Panzerlieferung an Saudi-Arabien
Aus dem Fahndungsaufruf des BKA von 1999:
Dr. Pfahls soll als Staatssekretär im deutschen Bundesministerium der Verteidigung von einem Mitbeschuldigten 3,8 Millionen D-Mark (etwa 1,9 Millionen Euro) erhalten haben, um einen Vertrag zwischen einer deutschen und einer arabischen Firma zur Lieferung von 36 Panzern zu ermöglichen.

Wegen der von Saudi-Arabien gewünschten kurzen Lieferfristen war eine zeitnahe Produktion der Panzer nicht möglich. Dr. Pfahls soll deshalb entgegen den Widerstand des Heeres durchgesetzt haben, daß zur Erfüllung des Vertrags Panzer aus den Beständen der Bundeswehr nach Saudi-Arabien geliefert wurden, obwohl dadurch die Abwehrfähigkeit und die Ausbildungsfähigkeit des Heeres beeinträchtigt war.

Den genannten Millionenbetrag soll Dr. Pfahls auf ein vom Mitbeschuldigten treuhändisch verwaltetes Konto in der Schweiz überwiesen bekommen haben. Dr. Pfahls soll den erhaltenen Geldbetrag in seiner Einkommenssteuererklärung verschwiegen und dadurch Einkommenssteuer in Höhe von mehr als 1,9 Millionen Mark (rund 960.000 Euro) hinterzogen haben.

Gegen Dr. Pfahls besteht Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg wegen Verdachts der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung...

Bei dem Mitbeschuldigten handelt es sich um den Lobbyisten und Waffenhändler Karlheinz Schreiber, bei den 36 Panzern um den ABC-Spürpanzer Fuchs, bei der deutschen Firma um die Thyssen AG.

Insgesamt sollen - bei einem Auftragsvolumen von 446 Millionen Mark - 220 Millionen Mark als Schmiergelder geflossen sein, an die arabischen Auftraggeber, an die Waffenhändler Karlheinz Schreiber und Rolf Wegener und an Manager des Thyssen-Konzerns.

Leuna-Minol
In den Jahren 2003 und 2004 wurden in einem spektakulären Gerichtsprozeß in Paris die Geschäftspraktiken des Ölkonzerns Elf Aquitaine juristisch aufgearbeitet, darunter auch die Modernisierung und Erweiterung der alten Minol-Raffinerie im ostdeutschen Leuna und dem damit verbundene Verkauf der Minol Tankstellenkette durch die Treuhandanstalt an Elf in den Jahren 1991 (Ausschreibung) und 1992 (Zuschlag und Vertragsunterzeichnung). Die Beweisaufnahme 2003 ergab, daß dabei ab Februar 1993 mindestens 161 Mio. Franc (ca. 25 Mio. Euro) vom Lobbyisten Dieter Holzer über seine Gesellschaft Delta International an unterschiedliche, weitgehend unbekannte Empfänger verteilt wurden. Holzer wurde in diesem Zusammen-hang in Frankreich zu Haft-und Geldstrafe verurteilt. Der frühere Elf-Manager Alfred Sirven sagte aus, daß zwei damalige deutsche Minister oder Staatssekretäre "große Summen" bekommen hätten.

Mindestens zwei Zahlungen (3,6 Mio DM und 1,5 Mio DM) von Holzer erfolgten am 18. und 19. März 1993 auf zwei Konten in Luxemburg, die von der französischen Justiz Holger Pfahls zugeordnet werden. Französische Presserecherchen ergaben noch höhere Summen. Unklar ist, ob Pfahls der endgültige Empfänger war, oder das Geld an Dritte weitergereicht wurde.....

Ausscheiden aus dem Amt 1992
Anfang 1992 schied Ludwig-Holger Pfahls angeblich freiwillig aus seinem Amt. Spekuliert wurde in diesem Zusammenhang über eine Verwicklung in geheime Waffenlieferungen aus den Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR an Israel (die Neuentwicklung "Kalaschnikow, AK-74" aus dem Ex-DDR-Munitionslager Kavelsdorf). Pfahls trat danach in eine Anwaltssozietät in München ein. Er wurde Generalbevollmächtigter der Daimler-Benz AG (heute DaimlerChrysler), zunächst für Belgien und ab 1995 für die Ostasien-Vertretung in Singapur. Sein damaliger Assistent war Nicolas Holzer, der Sohn von Dieter Holzer.

Deutsche Presserecherchen und Veröffentlichungen aus Juli und August 2004 legen nahe, dass sich Pfahls bereits während seiner Zeit als beamteter Staatssekretär aktiv für die Interessen von Daimler-Benz AG und seiner Tochterunternehmen wie der DASA (inzwischen EADS) eingesetzt hat, so bei der Beschaffung des Eurofighter (Daimler-Benz war auch Lieferant von Motoren und Fahrgestellen für den ABC-Spürpanzer Fuchs).

Flucht ab 1999
Am 22. April 1999 erließ das Amtsgericht Augsburg Haftbefehl gegen Pfahls. Die Generalstaatsanwaltschaft in München unter Hermann Froschauer überprüfte diese Entscheidung. Der Münchener Generalstaatsanwalt setzte den rechtskräftigen Haftbefehl außer Vollzug, ein Sondervorgang. In der Zwischenzeit, Anfang Mai 1999, setzte sich Pfahls nach Taiwan ab, das mit Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat. Der damalige Staatsanwalt Winfried Maier schloß später nicht aus, dass Pfahls von der geplanten Verhaftung vorzeitig informiert worden war. Am 6. Juli 1999 verlor sich seine Spur in Taipeh. Ludwig-Holger Pfahls schien nach Hongkong geflogen zu sein.

Aufgriff 2004 und Beginn rechtlicher Würdigung
Am 13. Juli 2004 wurde er in der französischen Hauptstadt festgenommen. Die von einem französischen Fernsehjournalistenteam gemachten Aufnahmen wurden laut Pressemeldungen polizeilich beschlagnahmt und bisher nicht wieder zur Veröffentlichung freigegeben.

Am 20. Januar 2005 wurde Pfahls in Forbach an die deutschen Behörden übergeben. Er saß in der Justizvollzugsanstalt in Kaisheim (Landkreis Donau-Ries) ein.

Am 21. Januar 2005 wird Pfahls um 7:30 von der JVA Kaisheim in das Strafjustizzentrum Augsburg gebracht. Dort wird ihm vom Vorsitzenden Richter Maximilian Hofmeister um 11 Uhr der Haftbefehl eröffnet.

Am 28. Juni 2005, zum Prozeßauftakt vor dem Landgericht Augsburg, hat der Ex- CSU-Spitzen-Politiker die Annahme von Schmiergeld in Höhe von zwei Millionen Mark (etwa 1,02 Mio. Euro) von Waffenhändler Karlheinz Schreiber "für ein Panzergeschäft" gestanden. Über seinen Verteidiger kündigte er gleichentags ein weiteres Teilgeständnis über die Annahme von weiteren 1,8 Mio. DM (etwa 920.000 Euro) Schmiergeld an. Angesichts von Vorabsprachen kann Pfahls auf ein mildes Urteil hoffen. Pfahls sagte vor dem Landgericht aus, bei den 1990 von Schreiber auf ein Schweizer Nummernkonto treuhänderisch eingezahlten zwei Millionen Mark habe es sich um Bezahlung für Lobbyarbeit beim Verkauf von Fuchs-Panzern an die USA gehandelt. Er äußerte Bedauern darüber, das Geld angenommen zu haben: "Es ist mir nicht nur peinlich, es ist mir auch unerklärlich, wie es zu diesem 'Aussetzer' gekommen ist." Dabei betonte er aber, es sei bei den Zahlungen nicht um Bestechung gegangen, da das Geschäft auch ohne sein Zutun zustande gekommen wäre.

Auch die 1,8 Millionen Mark beim Verkauf von ABC-Fuchs-Panzern an Saudi-Arabien 1991 will er nach den Worten seines Verteidigers Volker Hoffmann nicht als Bestechungsgeld, sondern für Lobbyarbeit kassiert haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft Pfahls eigentlich vor, die insgesamt 3,8 Millionen Mark (knapp zwei Millionen Euro) Schmiergeld nur für das Geschäft mit Saudi-Arabien kassiert zu haben. Das Geschäft mit den USA spielte dagegen in der Anklage keine Rolle. Nach den Worten eines Gerichtssprechers ist jetzt unklar, ob damit ein Teil der Vorwürfe verjährt ist.

Pfahls steht zu seiner Aussage: "Ich war nicht der Einzige, den der Waffenhändler bezahlt hat". Damit ist für die Ermittler erstmals das über Schweizer Tarnkonten abgewickelte, weit verzweigte Schmiergeldsystem Schreibers bestätigt worden - ein wichtiges Detail für die anhängige Revision im Strauß-Prozeß, der bestritten hatte, von Schreiber je Geld bekommen zu haben. Er war wegen Steuerhinterziehung von Schreiber-Provisionen zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.

Davon unabhängig kann Pfahls mit einem milden Urteil rechnen. Wie der Vorsitzende Richter Maximilian Hofmeister sagte, war dem früheren Staatssekretär in Vorgesprächen zwischen Gericht, Staatsan-waltschaft und Verteidigung eine Höchststrafe von zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis in Aussicht gestellt worden, falls er ein Geständnis ablegt. Die Strafe kann, da sie zwei Jahre übersteigt, nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Bei guter Führung und unter Anrechnung seiner Auslieferungshaft ist mit einer Freilassung bereits zu Jahresbeginn 2006 zu rechnen.

Zu Umständen, Mithelfern und Hintergründen seiner langjährigen Flucht äußerte sich Pfahls nicht.

 
     
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