Dieter Kersten / Oktober 2003    
Wahlen in Bayern  
     
  Die Bayrische Landtagswahl vom 21. September hat die Einschaltquoten bei Rundfunk und Fernsehen gedopt und den Tageszeitungen gute Auflagen beschert, was dem schlechten Anzeigengeschäft ein wenig auf die Füße geholfen hat. Es hat darüber hinaus der Medienpräsenz von Politikerinnen und Politikern gedient. Das war auch alles. Der Demokratie hat die Wahl nicht gedient. Die Wahl ist, was die CSU betrifft, anders verlaufen, als öffentlich dargestellt. Am 21. September 2003 haben im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen 1998 für die CSU 120506 Wähler (Erststimmen) weniger gestimmt!! Die Siegerpose des Herrn Stoiber ist der niedrigen Wahlbeteiligung von 57, 3 % geschuldet, die den Prozentanteil der CSU hochschaukelte. Nähern wir uns us-amerikanischen Verhältnissen? Das Wahlergebnis der CSU - Erststimmen 59,3 % und Gesamtstimmen 60,7 % - ist trotzdem erschreckend hoch.
Die SPD hat 770519 Erststimmen weniger als 1998, Bündnis90/Die Grünen hat 65381 Erststimmen mehr als 1998 und die FDP 34309 mehr als 1998 bekommen. Die PDS scheint an den Wahlen gar nicht teilgenommen zu haben. Von den kleinen Parteien haben trotz der niedrigen Wahlbeteiligung die Freien Wähler, die ödp, die BP, die PBC und Fr. Franken Wählerstimmen gewonnen. Unab. Kandidaten, AUF- BRUCH, BB und BüSo, die 1998 nicht kandidierten, haben auch Stimmen gewonnen. Interessant ist meiner Ansicht nach noch die Zahl der ungültig Wählenden: sie hat um 11721 auf 62177 zugenommen.
Am gleichen Tag wurden die bayerischen Wähler zu zwei Volksentscheiden aufgerufen. Das halte ich nun wiederum für eine Hohe Schule der Demokratie, wenn auch auf der Web-Seite von Bayern heute Kritik darüber laut wird, daß über "Pakete" abgestimmt wurde. Ich halte das auch für falsch. Jeder Punkt in den "Paketen" ist für sich so wichtig, daß über ihn auch unterschiedlich entschieden werden kann. Für den Stimmbürger ist es frustrierend, wenn er für mehrere Themen nur eine Stimme abgeben kann. Bayern heute läßt auf ihrer Homepage abstimmen: 89 % sind - am 26. September, den Tag meiner Abfrage - für eine getrennte Abstimmung.
Am 21. September entschied das Wahlvolk über folgendes:
"Paket 1"
Art. 16 (Der Landtag tritt spätestens am 22. Tag nach der Wahl zusammen, bisher 15. Tag)
Art. 55 (Bessere Information des Landtags durch die Staatsregierung)
Art. 83 (Das Konnexitätsprinzip wird eingeführt, die kommunalen Spitzenverbände erhalten ein Anhörungsrecht)
Konnexitätsprinzip: Nach dem Motto "Wer anschafft, muß zahlen" darf der Freistaat den Kommunen künftig neue Aufgaben nur noch dann übertragen, wenn die Finanzierung geklärt ist. Die CSU war lange Zeit gegen das von Kommunen, SPD und Grünen geforderte Konnexitätsprin-zip. Erst nachdem die Freien Wähler ein Volksbegehren für gerechtere Finanzbeziehungen zwischen Staat und Gemeinden auf den Weg gebracht hatten, lenkte die CSU ein.
"Paket 2"
Art. 14 (schon ab 18 Jahren Kandidatur für den Landtag möglich, bisher 21 Jahre)
Art. 100 (neu: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.")
Art. 125 (Kinder bekommen Anspruch auf Entwicklung zu einer selbstbestimmungsfähigen Persönlichkeit)
Art. 126 (Kinder und Jugendliche sollen vor Ausbeutung, Verwahrlosung und Mißhandlung geschützt werden).
Beide Pakete hatten eine Wahlbeteiligung 56,6 %, das "Paket 1" ist mit 88,3 % angenommen worden, das "Paket 2" mit 85,1 %.
Die Volksentscheide versöhnen mich mit der Landtagswahl. Das demokratische Bewußtsein der Wähler wird größer.


 
     
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