Dieter Kersten - Januar 1999    
1955 bis 1990
35 Jahre unnötiger deutscher Spaltung -
Eine Ergänzung
 
     
 

In der Ausgabe November/Dezember 1998 hatte ich eine mehrseitige Abhandlung mit der gleichen Überschrift gebracht. Leider war es mir nicht möglich, diese Ergänzungen noch in der alten Ausgabe abzudrucken.

Durch die Beschäftigung mit den Folgen des Dreißigjährigen Krieges und des westfälischen Friedens" von 1648 habe ich zusätzliche Erkenntnisse gewonnen, die meine Abhandlung abrunden:


a) Adenauer hat leider "erfolgreich" unser Volk in den sog. Kalten Krieg hineinmanövriert, der bis Ende 1989 gedauert hat.


b) Dieser Kalte Krieg hätte zur weitgehenden Auslöschung unseres Volkes führen können, wenn er in einen heißen Krieg übergegangen wäre. Die Überlebenden hätten auch nach einem solchen heißen (begrenzten oder 3. Welt-) Krieg an schweren gesundheitlichen Schäden zu leiden gehabt, von Schädigungen des Erbgutes durch Strahlenschäden ganz zu schweigen. Die Bevölkerungsverluste des Dreißigjährigen Krieges von 10 Millionen Menschen (= 40%) wären prozentual und absolut bei weitem übertroffen worden.


c) Die tödliche Gefahr, in die Adenauer unser Volk - entgegen seinem Amtseid, "Schaden von ihm" (dem deutschen Volk) "abzuwenden" - gebracht hat, wurde von der nationalen Opposition und den Sozialdemokraten sofort erkannt und nachhaltig bekämpft. Als 1980 das Buch von General Sir John Hackett "Der 3. Weltkrieg" erschien, hat Wolf Schenke die darin geschilderte NATO-Strategie mit ihrer mindestens doppelten atomaren Feuerwalze kreuz und quer durch Deutschland eindringlich dargestellt. Und nach Aufstellung der Kurzstreckenraketen in den 80er Jahren wurde es für uns Deutsche immer gefährlicher. Als aufgeregte Bonner Politiker es nach der NATO-Stabsrahmenübung "Winter-Cimex 89" wegen der darin eingeplanten atomaren Brandschneise durch Deutschland mit der Angst zu tun bekamen und den Abzug der Kurzstreckenraketen forderten, wurde dieses verständliche Begehren von der Britin Thatcher mit der bissigen Bemerkung kommentiert, wir Deutsche hätten den letzten Krieg verloren und müßten uns daher an den Gedanken gewöhnen, daß unser Land im Ernstfall das Schlachtfeld sein werde.


d) Die Gefahr eines atomaren Weltbrandes aufgrund böser Absicht war zwar gering; aber um so mehr wuchs die Gefahr des Übergangs vom Kalten Krieg zum heißen 3. Weltkrieg nach der Aufstellung von Kurzstreckenraketen in Deutschland.
Infolge der kurzen Warnzeiten konnten schon Wildgänse, die in der Eile als feindliche Atomraketen mißgedeutet wurden, einen Atomkrieg aus Versehen auslösen. Wie durch ein Wunder ist uns ein solcher Krieg erspart geblieben.


e) Nachdem der Kalte Krieg glücklicherweise ohne heißen Ausbruch vorübergegangen ist, sieht es so aus, als ob wir Deutsche auch diesen Krieg verloren hätten. Finanzielle Lasten werden uns 53 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs aufgebürdet, die in dieser Höhe bei Abschluß eines Friedensvertrages zu Beginn der 50er Jahre nicht entstanden wären. Ein solcher Unfug ist natürlich nach dem Verhandlungsfrieden zum Ende des Dreißigjährigen Krieges von Münster und Osnabrück (vom 24.10.1648) nicht möglich gewesen. Und wer weiß, ob wir bei einem frühen Friedensschluß nach dem 2. Weltkrieg nicht auch eine günstigere Ostgrenze als die heutige Oder-Neiße-Linie hätten bekommen können. Aufgrund dieser Linie haben wir Deutsche in zwei Weltkriegen nunmehr 34% des 540.000 qkm großen Reiches von 1871 verloren, wobei das Sudetenland in dieser Rechnung natürlich nicht enthalten ist, das damals nicht zum Reich gehört hat.


f) Durch seine Weigerung, über die Stalin - Note vom 10.03.1952 und deren späteren Nachbesserungen zu verhandeln, hat Adenauer die Chance zu einem frühen Friedensschluß mit Blockfreiheit, Wiedervereinigung und eventueller Grenzkorrektur vereitelt, welch letztere vom russischen Hochkommissar Semjonow lt. Spiegel Nr. 24/1983 damals in Aussicht gestellt worden war. Dabei war Adenauer von der Ernsthaftigkeit der russischen Angebote überzeugt gewesen.


g) Wie hätte diese Grenzkorrektur 7-8 Jahre nach Kriegsende aussehen können? Es sei mir erlaubt, darüber nachzudenken:
Besonders umstritten waren auf der Potsdamer Konferenz vom 17.07 bis 02.08.1945 die Gebiete zwischen der Lausitzer Neiße und der weiter südöstlich gelegenen Glatzer Neiße sowie westlich der Odermündung mit Stettin und Swinemünde mit insgesamt 3 Millionen Deutschen. Schließlich konnte dann aber Stalin den Briten und Amerikanern den faulen Kompromiß aufnötigen, daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die umstrittenen Gebiete westlich der Odermündung und östlich der Oder und Lausitzer Neiße unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen sollten. Bei dem Gebiet zwischen der Lausitzer und der Glatzer Neiße handelt es sich um ein Gebiet von ca. 22.000 qkm, das in seiner Größe also dem heutigen Sachsen und dem thüringischen Bezirk Gera in etwa entspricht. Dazu gehört hätte der größte Teil Niederschlesiens mit den Städten Grünberg, Glogau, Liegnitz, Lauban, Hirschberg, dem Westteil von Breslau, Schweidnitz, Langenbielau, dem Glatzer Bergland, dem Eulen- und Riesengebirge. Unter Einbeziehung von Swinemünde und des Westteils der Odermündung mit dem entsprechenden Teil von Stettin wäre das evtl. das Gebiet gewesen, über das die Russen nach Semjonow das letzte Wort noch nicht gesprochen hätten. Wenn die deutsche Seite den dort inzwischen ansässigen Polen ein Bleiberecht eingeräumt hätte, wäre die Grenzkorrektur noch problemloser verlaufen. Das deutsche Bleiberecht ist sehr geschätzt, wie Hunderttausende von Asylbewerbern inzwischen beweisen. Jedoch sind solche Grenzkorrekturen infolge Adenauers Verhandlungsblockade ein Traum geblieben, der heute nicht mehr zu realisieren ist.

 
     
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