Dieter Kersten - Oktober 2007    
 
Theater: Aischylos "Die Perser"
Operette: A. Bisowski und A. Hannan "Saure Nierchen"
 
     
 

(D.K)  Das  DEUTSCHE THEATER in der Schumannstraße in Berlin-Mitte hat sich ein schwieriges Stück ausgesucht, dessen Transformation vom griechischen Altertum in die Neuzeit von der Form (oder auch vom Inhalt?) her mir besonders schwierig zu sein schien. Es handelt sich um das Stück Die Perser von Aischylos, welches ich am 3. September gesehen habe.

Meinem alten „Knaurs Lexikon der Weltliteratur“ entnehme ich folgende Geschichte über Aischylos: > Aischylos, auch Äschylos (geboren um 525 v. Chr. in Eleusis bei Athen, gestorben 456/55 v.Chr. Gela/ Sizilien). - Griechischer Tragödiendichter, der am Hof in Syrakus seine ersten Tragödien aufgeführt haben soll. Aischylos gilt als der eigentliche Schöpfer der literarischen Gattung Tragödie. Vor ihm gab es lediglich das Spiel am Feste des Gottes Dionysos, das aus einem Wechselgespräch zwischen einem Schauspieler und dem Chor bestand. Aischylos führte den zweiten Schauspieler ein und weitete damit den dramatischen Dialog aus; darüber hinaus schuf er die Tetralogie, d.h. die Verbindung von drei Tragödien und einem Satyrspiel. Der Dichter soll 90 Stücke verfaßt haben, von denen 7 Dramen vollständig erhalten sind: Die Perser (472), Sieben gegen Theben (467), Hiketiden (um 463), die Trilogie Orestie (458) und Prometheus. Bereits in der Antike hoch geschätzt, stellen seine Werke den Menschen in einer vollendet- erhabenen Sprache dar, unter der gerechten Allmacht der Götter stehend. <

Aischylos
Marmorbüste des Aischylos im
Museo Capitolino, RomEntnommen bei Wikipedia

Inhaltlich geht es in dem Stück Die Perser  um die dritte persische Invasion Griechenlands durch den Großkönig Xerxes, die Schlacht bei Salamis und um die diversen Besetzungen und Evakuierungen Athens im vierten Jahrhundert vor Christi. Aischylos persönlich war der Überlieferung nach an fast allen diesen kriegerischen Aktionen auf Seiten der Griechen beteiligt, also nicht nur ein Augenzeuge, sondern ein Mittäter. Man könnte auch sagen, er war ein „eingebundener Kriegsberichterstatter“.

Ohne Fernsehen, ohne Zeitungen und ohne Radio waren die Menschen damals genau so an einer zeitnahen Berichterstattung interessiert wie der moderne Mensch der Gegenwart. Mit der Tragödie Die Perser wurde Aischylos dem Bedürfnis gerecht. Das Ritual Chor und Sprecher gehörte in der Antike zu dem Spannungsbogen damaliger Darbietungen.

In dem Reclam-Heft  mit dem Aischylos-Text wird angegeben, daß Aischylos mit seiner Tragödie Die Perser den Athenern neben der Berichterstattung auch vor Augen führen wollte, wie effektiv ihre Demokratie gegenüber der Alleinherrschaft eines Großkönigs  ist. Schließlich waren sie die Sieger.

Der Reclam-Text, der mir vorliegt, ist eine Übersetzung von Emil Staiger. Die Aufführung in Berlin fußt auf einer Übersetzung von Heiner Müller. Die Texte des Chores werden in der Berliner Aufführung von einer Person, von Margit Bendokat, eindrucksvoll gesprochen.

Es gab dann noch vier Mitwirkende, also abweichend von der Intention Aichylos nicht zwei Schauspieler sondern vier. Sie haben alle ihre Texte gut gesprochen.

Gesprochen oder gespielt? Naja, Heiner Müller hatte wohl die Vorstellung, die Hybris der Macht des persischen Großkönigs Xerxes herausstellen zu müssen. Wenn dem so ist, so könnte ich mir eine deutlichere Akzentuierung dieser Hybris vorstellen, als in dieser Inszenierung geschehen.

Ich sah Die Perser an einem Montag Abend. Die Vorstellung war gut besucht. Es waren ca. 90 % der Zuschauerplätze besetzt.

Die Regie führte Demiter Gottscheff. Trotz meiner kritischen Bemerkungen war ich von der Inszenierung angenehm überrascht. Die Premiere dieser Inszenierung war am 7. Oktober 2006.

+ + +

(D.K.)  Am 25. September sah ich mal wieder eine Klamotte, und zwar wo? Dreimal dürfen Sie raten: in der TRIBÜNE, und zwar ein Stück, welches als West-Berliner Operette angekündigt worden ist und Saure Nierchen heißt. Die Premiere, eine Uraufführung,  hatte am 6. September stattgefunden. Wie es sich bei einer Operette gehört, stammen Libretto und Musik von unterschiedlichen Künstlern: Text von Andreas Bisowski und Musik von Andrew Hannan.

Klamotte ist Rotwelsch, gehört also zu einer Bettlersprache, die ein gebildeter Mensch nicht spricht. Das Wort wird  im Etymologischen Wörterbuch noch nicht einmal erklärt. Im neuen Duden steht unter Klamotte u.a. minderwertiges Theaterstück. Da bin ich doch ziemlich nahe an dem, was ich ausdrücken wollte, obwohl ich das Wort minderwertig eigentlich nicht in den Mund nehmen möchte. Das geht mir ein klein bißchen zu weit.

Die meisten Operetten haben keine schlüssige, sinnreiche Handlung. Meine Großmutter pflegte zu sagen:  Erzähl mir keine Operetten (oder auch Opern).
In Saure Nierchen wird die Geschichte einer „Gaststätte“ (Kneipe, Restaurant) aus dem alten West-Berlin erzählt, welcher nach dem Fall der Mauer die Kunden verloren gegangen sind. Es findet sich eine Mäzenin, die aber recht bald von ihrem Sohn vergiftet wird. Es geschehen noch mehrere Morde und finden „irre“ Verwirrspielereien mit aktuellen politischen Bezügen statt. Manches ist ja ganz lustig, vieles ist aber so „an den Haaren herbeigezogen“, daß man nur den zerzausten Kopf schütteln kann.

Die Musik war den Texten angemessen hausbacken ordentlich. Es gab keine „Ohrwürmer“ wie bei den klassischen Operetten. Diese „Ohrwürmer“ haben die klassischen Operetten erst „klassisch“ gemacht. Vermutlich ist das ohnehin nicht zu wiederholen, weil es die vorherrschende Medienfülle unmöglich macht, wirklich zu hören, um „Würmer ins Ohr“ zu bekommen.

Ich sah das Stück an einem Dienstag. Von den im Internet angegebenen ca. 300 Sitzplätzen  waren ca. 40 Plätze besetzt. Vorsichtshalber hatte man die vorderen acht Sitzreihen herausgenommen und ein paar Restaurationstische aufgestellt. Dadurch war die Leere des Theaters ein klein wenig kaschiert.

Das Ensemble hat flott gespielt, gesungen und getanzt. Zu den sieben Schauspielern kamen noch drei Musiker.  Schade, daß nicht mehr dabei herauskam.

 
     
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