Dieter Kersten - März / April 2005    
Fotoausstellung: Der Fotograf Willy Römer
1887-1979 - auf den Straßen von Berlin
Oper: Leoš Janácek “Katja Kabanowa”
Theater: PALAST-REVUE mit dem PALAST ORCHESTER und Max Raabe
 
     
 

Ansicht 1828; von links nach rechts:
Neue Wache, Zeughaus, Schloßbrücke, Stadtschloss

Am 3. Februar habe ich zusammen mit meinem Neffen Jan Evers, der ja selber Fotograf ist, die Fotoausstellung > Der Fotograf Willy Römer 1887-1979 - auf den Straßen von Berlin < besucht. Wenn Sie diesen Bericht lesen, gibt es die Ausstellung im Zeughaus (Deutsches Historisches Museum), nicht mehr. Der Museumskatalog ist als Buch weiterhin zu erhalten. Das Buch ist übrigens ca. 2,5 kg schwer und misst 30,5 x 24,5 cm und hat 400 Seiten. Ich biete das Buch in der Bestelliste an. Ich habe es mir einfach gemacht und dokumentiere jetzt den Text zu der Ausstellung, den ich der Web-Seite des Zeughauses entnommen habe:

> Willy Römer hat ein beeindruckendes Archiv von Fotografien hinterlassen und war doch als Fotograf bislang fast unbekannt. Obwohl einige seiner Aufnahmen vor allem aus den Revolutionsjahren 1918/19 Eingang in die Geschichtsbücher über das 20. Jahrhundert gefunden haben und darüber vielen Menschen bekannt sind, ist er als Urheber fast nie namentlich genannt worden. Das lag zum einen daran, daß er als individueller Bildautor hinter dem Namen seiner Firma "Photothek" verschwand, solange diese existierte. Zum anderen daran, daß viele jüngere Mitarbeiter von Redaktionen und Bildagenturen ihn nicht kannten oder glaubten, er sei wie so viele seiner Kollegen im Krieg oder kurz danach gestorben. "Was, Sie leben noch? Wir haben doch schon vor vierzig Jahren aktuelle Bilder von Ihnen bezogen!" mußte er sich sagen lassen, wenn er sich in Erinnerung brachte und auf Honorierung bestand. Sein Bildarchiv konnte vor allem deshalb bis heute gerettet werden, weil er selbst so alt wurde und den Bestand zusammenhielt.

Der Nachlaß des Fotografen Willy Römer und seiner Pressebildfirma Photothek umfaßt die gesamte Geschichte der Weimarer Republik von der Novemberrevolution 1918 bis zum Reichstagsbrand 1933. In über 7.000 Aufnahmen sind die wesentlichen Repräsentanten der ersten deutschen Republik porträtiert. Die Firma Photothek Römer & Bernstein wurde eine der wichtigsten Pressebildfirmen der Weimarer Republik. Sie bestand von ihrer Gründung im Februar 1920 bis zu ihrer Schließung durch das NS-Regime am 30.09.1935. Die Firma war schon im April 1933 als "Judenfirma" denunziert worden, weil Walter Bernstein jüdischer Abstammung war.

Die Ausstellung im DHM ist eine umfassende Werkschau und zeigt neben den Pressefotos von den großen politischen Ereignissen der wechselvollen Jahre von der Kaiserzeit bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges mit gleicher Gewichtung seine leiseren, stimmungsvollen, dokumentarischen Bilder vom Leben auf den Straßen seiner Heimatstadt Berlin.

Die Fotos von Willy Römer, der im Handwerkermilieu am nördlichen Stadtrand Berlins aufgewachsen ist, erlauben uns heute einen faszinierenden Blick auf das alltägliche Leben und Arbeiten der Menschen in der Großstadt Berlin vor ihrer Zerstörung. Sein besonderes Interesse galt dem Leben auf den Straßen, den spielenden Kindern und fliegenden Händlern.

In seinen Bildern offenbart sich eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts lief das Leben auf den Höfen und Gassen noch fast wie vor 600 Jahren ab. In den letzten Handwerksbetrieben wurden noch Nägel geschmiedet oder Wagenräder hergestellt wie vor Jahrhunderten. Häuser wurden noch Stein auf Stein gemauert wie im Mittelalter, gleichzeitig entstanden jedoch die ersten Plattenbauten und Hochhäuser aus Stahl und Glas. Römer hat beides fotografiert: den Abschied von den alten Produktions- und Lebensweisen und die Erscheinungen der neuen Zeit im Stadtbild der Metropole Berlin - Schnellbahnen, Leuchtreklame, Verkehrsregelungen, Telefon und Radio, Flugzeuge und Zeppelin-Luftschiffe.

Bei einem großen Teil der ausgestellten Fotos handelt es sich um Originalabzüge aus dem Arbeitsarchiv Willy Römers. Zudem werden neue Vergrößerungen von den Glasnegativen und einige Apparate, Arbeitsmaterialien, Dokumente und Veröffentlichungen gezeigt. <

In dem Ausstellungskatalog/Buch wird neben den Fotos viel Geschichte als Text geboten. Ich habe das alles gar nicht lesen können. Kann sein, daß manches "political correct" dargestellt ist. Dennoch, das Buch ist eine sprudelnde Quelle, an der sich geschichtsinteressierte Menschen laben können. Berlin ist der Hauptort der Arbeit von Willy Römer. Es gibt aber auch Bilder vom Leben in Rußland, in Posen und aus einigen Landschaften Deutschlands.

Mein Bericht gehört sowohl zum Kulturspiegel, und auch in die Rubrik Buchbesprechungen.
Die Ausstellung war im erweiterten Museumsbau des chinesischen Archtekten I. M. Pei zu sehen, ein Bauwerk, welches selbst ein lohnendes Objekt einer Besichtigung sein sollte.

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Am 6. Februar sah und hörte ich Leoš Janáceks Oper Katja Kabanowa in der Staatsoper Berlin Unter den Linden. Es wurde in tschechischer Sprache gesungen, mit deutschen Leuchtschrift-Übertiteln, was ganz gut funktionierte. Das Libretto wurde vom Komponisten selbst geschrieben, und zwar nach dem Schauspiel > Grosa < (Das Gewitter, 1859) von Alexander Nikolajewitsch Ostrowski. Ostrowski wurde 1823 in Moskau geboren und starb 1886 in Stachelykowo. Janácek wurde 1854 im nordmährischen Hukvaldy, in Deutsch Hochwald, geboren und starb 1926 in Ostrava, dem deutschen Mährisch-Ostrau.

Da ich kein ausgewiesener Musikkenner bin, bin ich immer etwas auf die Literatur angewiesen, z.B. auf das Programmheft. Leider gibt diesmal das teure Programmheft keine Aufklärung; ich lerne zwar in einem epischen langen Beitrag, daß Lenin sich auch über das Küssen geäußert hat (in einem Brief an seine frühere Geliebte Inessa Armand), und daß sich mit der literarischen Vorlage von Ostrowski eine Reihe von Komponisten beschäftigt haben, aber nichts über die Musik des Komponisten Janácek. Auch meine beiden Opernführer halten sich zurück. Im Internet wird wieder zu viel angeboten. Erklärendes fand ich in meiner Brockhaus-Enzyklopädie, in der steht, daß Janácek ab 1881 Direktor eines Staatlichen Konservatoriums war und dort seine Theorie der Sprachmelodie, der zufolge der Sprechtonfall die Melodieerfindung bestimmt, entwickelte.

Die Musik von Janácek gefiel mir nur mäßig. Sie ist voller Dissonanzen und nur zu ertragen, wenn man sich auf das dramatische Spiel auf der Bühne konzentriert. Die Musik von Janácek unterstützt die dramatische Handlung und ich habe dann die Musik vergessen und mich auf das Spiel konzentriert.

Es geht um eine junge Frau, Katja Kabanowa, die in einer russischen Kleinstadt verheiratet ist und von ihrer Schwiegermutter Kabaniche tyrannisiert wird. Tichon, ihr Ehemann, ein Muttersöhnchen, verreist und Katja Kabanowa, ohnehin schon verliebt in einen anderen jungen Mann, betrügt Tichon. Als dieser heimkehrt, gesteht sie unaufgefordert ihren Fehltritt. Die Inszenierung macht nicht deutlich, unter welchem gesellschaftlichen Druck Katja Kabanowa steht. Die Texte im Programmheft reduzieren das Verhalten der Protagonistin auf Liebe, aber zu was, zu wem? Sie endet durch Selbstmord, was zwar der Dramatik dient, aber nicht dem Verständnis.

Die Uraufführung der Oper Katja Kabanowa von Leoš Janácek fand am 23. Oktober 1921 am Nationaltheater in Brünn statt. Die Deutsche Erstaufführung war am 8. Dezember 1922 an der Kölner Oper. Die Berliner Erstaufführung fand am 23. Mai 1926 an der Städtischen Oper in Berlin-Charlottenburg statt. Am 22. Januar 2005 wurde die Oper neu inszeniert an der Staatsoper Unter den Linden wieder aufgeführt. Ich sah die dritte Vorstellung nach dieser Neuinszenierung.

Das Theater war gut besucht, der Applaus war enthusiastisch.

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Am 15. Februar war ich in das Schiller-Theater in Berlin-Charlottenburg eingeladen, mir die PALAST-REVUE mit dem PALAST ORCHESTER und Max Raabe anzusehen und anzuhören. Nun, ich will nicht lange drum herum schreiben, mir hat es nur sehr mittelmäßig gefallen. Das mag daran liegen, daß mir die marinierte Art von Max Raabe nicht gefällt. Das mag der Stil der 30iger Jahre sein, aber es hat keine Wirkung auf mich. Die PALAST-REVUE ist eine Nummern-Revue, bei der Max Raabe, sein Orchester, eine Geigerin und ein Mini-Ballett sich abwechseln und Musik-Titel aus den 30iger bis 50iger Jahren singen und spielen. Viele Titel kannte ich nicht, viele waren mir gleichgültig, und ich muß zugeben, der Schmalz der "Capri-Fischer", das hat mir fast am besten gefallen.

Das Arrangement war gerade man so der Größe der Bühne angepaßt. Ich hatte den Eindruck, daß sich die Darsteller gegenseitig auf die Füße traten. Die Bühne des Schiller-Theaters ist eine klassische Theater-Bühne und meiner Meinung nach für etwas, was in Richtung Musical geht, nicht geeignet.

Das Haus war bis auf den letzten Platz gefüllt, hauptsächlich mit der Altersgruppe ab 50 Jahren und es waren vermutlich viele auswärtige Gäste anwesend. Zum Schluß flammte frenetischer Beifall auf und es wurden vorbereitete Zugaben gespielt.

 
     
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