Dieter Kersten - Januar / Februar 2009    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

in der Internet-Post (newsletter wird das neudeutsch genannt)  des Vereins MEHR DEMOKRATIE fand ich am 20. Dezember u.a. folgenden Text: >Krisenstimmung überall - selten durften wir uns in Deutschland weniger auf einen Jahreswechsel freuen als dieses Jahr. Neben realwirtschaftlichen Zahlen ist ein Grund dafür auch in der Lust der Medien zu sehen, über Negatives zu berichten. Das wurde mir wieder einmal deutlich, als ich in einer Anleitung über das Verfassen von Pressemitteilungen folgenden Satz las: "Negativismus: Je mehr ein Ereignis auf Konflikt, Kontroverse, Zerstörung und Tod bezogen ist, um so stärker wird es beachtet." Man sollte also die negativen Meldungen aus den Nachrichten etwas entspannter sehen. Die Schwarzmalerei dient dazu, unsere Aufmerksamkeit vollständig in Beschlag zu nehmen.< Der Beitrag ist von Ronald Pabst unterschrieben.

Unsere Aufmerksamkeit soll weniger auf den Inhalt einer Horrormeldung gelenkt werden, als auf die Geschäftsanzeigen, die möglichst auf den gleichen Zeitungsseiten bzw. nahe der  Rundfunk- oder Fernsehübertragung der Schlagzeilen geschaltet werden. Es ist eine alte Formel: je schlimmer die Horrormeldungen, desto mehr Zeitungen werden gekauft bzw. desto höher sind die Einschaltquoten von Radio und Fernsehen = desto höher werden die Preise für Geschäftsanzeigen bzw. Werbung. „Der Rubel kann rollen“, die Prämien werden höher und mögliche Investoren sind glücklich über den (leichten) Profit. Daß fast keine Horrormeldung Lösungen für die persönlichen Schicksale bringt, manchmal im Gegenteil nur Schmerz und/oder Vernichtung, nun, das interessiert die Auslöser der Horrormeldungen nicht, dafür sind dann die karitativen Organisationen zuständig, was auch wieder ein großes Geschäft ist.

Interessant war die Auflösung des Rätsels über die bei der FRANKFURTER RUNDSCHAU eingegangenen Konto- und Kreditkarten-Unterlagen der Landesbank Berlin. Kuriere hatten mit kleinkrimineller Energie die Empfängeradressen von Sendungen manipuliert, um den Diebstahl eines Weihnachtsstollen, der sich in einer Sendung befand, zu vertuschen. Nun sind Kuriere unterbezahlte Menschen, deshalb auch unter Umständen nicht besonders intelligent. Sie können zwar mühsam eine Sendung von A nach B schaffen, aber sie wissen nicht, was sie mit Umetikettierungen von Sendungen anrichten. Solange solche Umetikettierungen keine zusätzlichen Kosten verursachen, ist der Profit der Banken durch Lohndrückerei groß. Die Prämien des Vorstandes steigen, weil „unten“ gespart wird, an Lohn und an Schulungen.

Die Frage aller Fragen ist zur Zeit: Ist die Wirtschafts- und Finanzkrise in der Lage, bei den Menschen einen Bewußtseinswandel hin zu einer Kultur des Miteinander zu entwickeln, auf lokaler wie auf internationaler Ebene? Die  veröffentlichten Äußerungen oder Meinungen von Politikern und Wirtschaftsmanagern erzeugen bei mir den Eindruck, diese Menschen meinen, daß die Krise nur eine Krise ist, die möglichst schnell vorbei gehen wird, und daß es bald wieder möglich sein wird, auf Kosten des Sozialen Geschäfte machen zu können. Dann heißen Derivate nicht mehr Derivate, sondern es wird eine andere Bezeichnung benutzt. Da Politiker und Manager auch Seismografen öffentlicher Meinungen sind, möchte ich annehmen, daß die überwiegenden Teile des deutschen Volkes glauben, Krise ist Krise, sie geht vorüber wie ein Wirbelsturm. Und im übrigen haben wir ein Recht, auf Kosten anderer Völker zu leben - wir überweisen ja regelmäßig an UNICEF.

Gerade jetzt, zu Weihnachten, wird auch in Deutschland diskutiert, ob der Staat (der Steuerzahler) nicht die wertlosen Bank-Finanz-Papiere aufkaufen sollte (es wird „übernehmen“ gesagt; alle sind vorsichtig und vornehm in der Wortwahl geworden), mit dem Argument z.B., daß sich dann die Banken mit ihren Bilanzen wieder besser darstellen können. Im RBB-Inforadio hörte ich ein Gespräch zwischen einem Rundfunk-Journalisten und einem Banker. Der Banker fand es vorbehaltlos richtig, daß der Staat diese Papiere aufkauft. Auf die Frage des Journalisten, dann bezahlen die Bürger den Schaden, der mit Hilfe der Banker angerichtet wurde, antwortete der Banker, daß das richtig ist, wenn das Wirtschaftssystem aus der Krise herauskommt, sprich, die Spekulation mit Geld, Zinsen und „Geld-Innovationen“ (zweifelhaften Finanztiteln) wieder blühen kann.

„Bewußtseinswandel“ und „Kultur des Miteinander“ bleiben leere Hülsen, füllt man in sie nicht Ideen für die Zukunft. Sie haben von diesen Ideen  im Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK schon öfter gelesen: Geld muß seinen Warencharakter (Spekulation) verlieren und wird nur Tauschmittel für Leistungen (Gesell u.a.), Kultur, Soziales und Wirtschaft bekommen ihren eigenen Stellenwert (Rudolf Steiner u.a.),  basisdemokratische Initiativen wie Nachbarschaften und Volksabstimmungen überwachen die politischen Parteien und werden so zur Pflicht staatsbürgerlichen Handelns (Mahraun u.a.). Die Inhalte dieser Vorschläge müssen intellektuell und praktisch erarbeitet werden. Alle Völker müssen in eine  staatsbürgerliche Schule gehen. Bildung (und Ausbildung) haben einen hohen Stellenwert.

Der nächste Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK erscheint im März 2009. Barack Hussein Obama ist dann schon fast zwei Monate Präsident der USA.  Für viele Deutsche (und natürlich auch für US-Amerikaner und viele andere Menschen) scheint Barack Obama so eine Art Messias zu sein, der ihnen als politischer Wundertäter das eigene Denken abnimmt. Irgendeine Publikation titelte: >Obama, König der Welt<. Inzwischen stellt sich für den politischen Menschen heraus, daß von dem Change (Wechsel) Obamas nichts, gar nichts, übrig geblieben ist.  Die Mitarbeiter, die er sich als Präsident ausgesucht hat, sind (fast) alle Teil der politischen und bürokratischen Klasse der USA und durch die Fehler der Vorgänger-Regierungen belastet. Von (fast) keinem seiner „neuen“ Mitarbeiter ist bekannt, daß er/sie irgendwelche neuen Ideen hat, die USA und ihre Satelliten aus dem finanz- und wirtschaftspolitischen Sumpf zu holen. Schließlich ist die Finanz- und Wirtschaftskrise in dem Ausmaß, wie sie uns alle getroffen hat, ein Ergebnis us-amerkanischer Fehler (Betrügereien) in Politik und Wirtschaft.. Es ist eine Systemkrise neoliberaler Finanz- und Wirtschaftspolitik .

Obama und sein republikanischer Verteidigungsminister Gates wollen den Krieg in Afghanistan ausweiten. Deutschland und Europa sollen ihren Teil dazu tun! Also, auf, deutsche Recken, auf in den Kampf für König Obama und für die Weltherrschaft der USA!

Ein Leser der NEUEN POLITIK fragte mich, in welchem Land die nächste Revolution ausbrechen würde. Ich antwortete etwas hilflos, ich weiß es nicht.  Er meinte, in den USA.

Ich fragte einen unpolitischen Freund, der schon mehrmals in den USA war, wie er die wirtschaftliche und politische Lage in den USA beurteile. Er meinte, die USA haben viel Regenerationskraft, sich zu erholen.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

(abgeschlossen am 22. Januar 2009)

 
     
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