Dieter Kersten - Oktober 2008    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

auf dem Kapital- und Geldmarkt haben wir eine saftige Systemkrise, die noch lange nicht vorbei ist. Die Krise stellt alle Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen in Frage, die den Menschen seit  der Ideologisierung und Industrialisierung des Lebens weltweit zugemutet worden sind.   Norbert Blüm, CDU,  von 1982 bis 1998 Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, hat in der Süddeutschen Zeitung vom 25. September 2008 unter der Überschrift >Die Rente war sicher< einen sehr informativen Artikel über die „Finanzkapitalisten“ geschrieben. Der Beitrag ist eine Zusammenfassung aller neoliberalen Unzumutbarkeiten, die in den vergangenen Jahren Thema im Kommentar- und Informationsbrief waren. Ein Leser hatte mich gebeten, diesen Beitrag von Blüm zu veröffentlichen. Mir sträuben sich die Haare, wenn ich in der NEUEN POLITIK einen Beitrag eines so altgedienten, kohltreuen CDU-Mitgliedes veröffentlichen würde. Unter Kohl ist die finanzpolitische Katastrophe aktiv vorbereitet worden. Daran trägt auch Herr Blüm Verantwortung. Sie können den Beitrag von Norbert Blüm im Internet unter http://www.sueddeutsche.de/ lesen, und zwar, indem Sie unter „suchen“ die Überschrift des Artikels „Die Rente war sicher“ eingeben.
Die entscheidenden Fragen sind:

  1. Wollen und können wir das zusammenbrechende Finanz- und Wirtschaftssystem des Neoliberalismus (Kapitalismus) retten?
  2. Hat es Sinn und Zweck, die drei Finanz- und Wirtschaftsmächte Rußland, China und die nahöstlichen Ölförderländer, mit ihren hohen Kassenbeständen in Euro und Dollar, zu bitten, der us-amerikanischen und europäischen Wirtschaft zu helfen?
  3. Ist die Zeit gekommen, das zusammenbrechende Finanz- und Wirtschaftssystem durch eine neue, menschengerechtere Ordnung zu ersetzen?

Abgesehen davon, daß, und nun schreibe ich von Europa und Deutschland, die Bundesregierung „Feuerwehr“ spielen will, locker verspekulierte 100 Milliarden Euro für die Hypo Real-Estate-Bank bis zum 31. Dezember zu drucken, werden Forderungen laut, bestimmte Finanzvorgänge zu regulieren. Die Bundeskanzlerin Merkel stellt sich vor, mit einer Fülle von Gesetzen und Behörden, und den dazugehörigen Strafen, die Banken und ihre Manager zu disziplinieren. Welche Rolle aber hat die deutsche Finanzaufsicht BaFin bei der Verschuldung der Hypo Real-Estate-Bank gespielt, obwohl sie das aktuelle zuständige Kontrollorgan ist? Sie hat Anleger und zum Teil Kunden in das offene Messer rennen lassen. Wir müssen eine Moral- und Rechtsordnung schaffen, die aus ihrer Form und ihrer Eigendynamik heraus eine menschengerechte Politik „erzeugt“.

Inzwischen, am 5. Oktober d.J. sind die Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und der Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) vor die Fernsehkameras getreten und haben, mündlich, ohne jede Gesetzgebung, eine Bürgschaftserklärung für alle Spareinlagen verkündet. Das ist eine Erklärung ohne jeden Wert. Die dazugehörige Gesetzgebung kann sich über Jahre hinziehen. Frau Merkel und Herr Steinbrück befinden sich dann sicher schon auf dem wohlgepolsterten Altenteil.
Wie mit Zahlen jongliert wird, zeigt die überraschende Schrumpfung der Schulden bei der  Hypo Real-Estate-Bank, 100 Millarden auf 50 Millarden.

Es ist doch hoffentlich klar, daß nach der jetzigen Weltordnung und den nationalen Gesetzen, die Arbeiterinnen und Arbeiter und der Mittelstand für das verzockte Geld in Mehrheit aufkommen werden müssen - über Inflation und Steuern.

Sie sehen also, daß ich die 1. Frage nach der Bewahrung des jetzigen Wirtschaftssystem sehr negativ beantworte.

Auf der Seite 5 ff. kritisiere ich die Diktatur der Bürokratie. Ich denke, ich tue das mit Recht und möchte die Bürokratie nicht auf noch mehr und andere Teile des Lebens ausdehnen. Die fehlende Wirtschafts-Moral schafft immer mehr Gesetze und Reglementierungen.

Damit hat sich die Beantwortung der zweiten Frage wahrscheinlich erledigt. Oder? Die genannten Regionen dieser Erde haben ein ebenso großes Defizit an Zukunfts-Perspetiven wie wir. Geld arbeitet eben nicht, es arbeiten nur Menschen. Geld ist ein reines Tauschmittel, keine Ware an sich.

Das ist der entscheidende Punkt in dem wirtschaftlichen Zusammenleben auf dieser Erde. Wenn es uns gelingen sollte, ein umlaufgesichertes Geld, wie von dem Nationalökonom Silvio Gesell vorgeschlagen, zu kreieren und regionale Wirtschaftskreisläufe (auch nationen-überschreitend) zu schaffen, werden wir nicht nur durch eine neue Form des Wirtschaftens ganz automatisch neues Recht und Moral schaffen, sondern wir werden der Umwelt, unserer Umwelt, einen Teil ihrer Kraft zurückgeben. Die Globalisierung des Wirtschaftsgeschehens ist neoliberalistische Ausbeutung und eine Fehlentwicklung der Wirtschaft. Ich biete dazu sowohl in der beiliegenden Buchbestelliste wie auch unter www.neuepolitik.com Bücher an. Jeder kann sich informieren (anstatt zu schimpfen). Auf Wunsch schicke ich Ihnen eine spezielle Literatur-Übersicht.

Ergänzt werden sollte eine neue Wirtschaftsordnung mit Direkter Demokratie durch Nachbarschaften. Diese Idee geht auf Artur Mahraun zurück. Hierzu biete ich Literatur an. Auch habe ich dazu bereits einiges geschrieben, nachzulesen in den Editorialen und unter Politik im Internet: www.neuepolitik.com.

Außerdem halte ich es mit Ivan Illich  und Erich Fromm - mit der Bescheidenheit im Umgang mit unserer Erde und ihren Ressourcen. Ich kann Ihnen zu beiden Ideenträgern  Informationen beschaffen.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich die kritischen Kräfte unseres Volkes zu einer Konferenz treffen würden, auf denen alte und neue Ideen evaluiert und noch besser, weiter entwickelt  werden.

Europa muß einen äußerst kritischen Blick auf die Politik, nicht nur auf die Wirtschaftspolitik, der USA werfen. Die politischen und wirtschaftlichen Oligarchien der USA haben total versagt.  Das Zeitalter der „auserwählten Völker“ ist vorbei und ein Maßstab sollte sein, wie sich in Zukunft die USA in der Völkerfamilie benehmen. Die anderen Völker sollten eine energische Entschuldigung nicht nur aus Washington hören, sondern auch aus dem Volk der Vereinigten Staaten. Vergessen wir nicht, daß der „Kampf gegen den Terror“ den Terror bekämpft, den die USA-Regierungen vorher finanziert haben.

Zu allerletzt möchte ich noch kurz auf die Landtagswahlen in Bayern eingehen. Ich freue mich, daß die Wähler in Bayern der CSU eine Abfuhr erteilt haben. Bayern ist eben nicht Eigentum der CSU. Der Wermutstropfen bei der Bayern-Wahl ist die geringe Wahlbeteiligung von 58,1 %. Erfreulich scheint zu sein, daß die politische Diskussion innerhalb der CSU zugenommen hat.

Registriert habe ich auch, daß es in Zukunft einen bundesweit einheitlichen Krankenversicherungsbeitrag von 15,5 % geben soll. Unser Krankheitswesen ist krank.   Ich werde versuchen, mich in den nächsten Ausgaben des Kommentar- und Informationsbriefes mit dem Krankheitsweisen zu beschäftigen.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

( abgeschlossen am 23. Oktober 2008)

 

 
     
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