Dieter Kersten - Juni 2008    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

am 15. Mai 2008 hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble den Verfassungsschutzbericht 2007 vorgestellt. Eines der Themen war die Überwachung der zugelassenen Partei DIE LINKE durch den „Verfassungsschutz“ mit der Begründung, diese Partei bzw. Teile davon wolle(n) die bestehende Staats- und Gesellschaftsform überwinden. Ich auch, lieber Herr Schäuble, wenn auch anders als  die Partei DIE LINKE. Es ist erste Bürgerpflicht, die herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnungen zu überwinden, friedlich und basisdemokratisch. Nur so ist menschlicher, sozialer und gesellschaftlicher Fortschritt möglich.

Die Parteiendemokratie ist eine (Un-)Ordnung zur Sicherung der Herrschaftsinteressen der parteipolitisch bestimmten Bürokratie und der politischen und wirtschaftlichen Oligarchien. Es werden nur trennende Interessen organisiert, nur Habgier und Krieg (Militär), keine gemeinschaftlichen Interessen des bürgerschaftlichen Ausgleichs und des Friedens. Direkte Demokratie, die Politische Nachbarschaft, die Möglichkeit einer umfangreichen Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungen,  ist das notwendige ausgleichende Korrektiv zu den Parteien, die einzige Chance, soziale Sicherheit mit stark gezügeltem, differenziertem Wachstum zu erreichen, ohne den modernen Kolonialismus der neoliberalen Globalisierung und ohne Krieg. Wir müssen eine neue Geldordnung entwickeln, die durch ihre Form möglichst viel Bürokratie = Herrschaft vermeidet. Die Vorstellungen von Silvio Gesell sollten Ausgangspunkt intensiver Diskussionen und Überlegungen für eine neue Geld- und Bodenordnung sein. Dazu gehört auch das Bedingungslose Grundeinkommen, eine Idee, die durch Götz Werner in die politisch-soziale Diskussion getragen wurde. Verbunden muß  das alles mit einer neuen Kultur des Miteinander werden, zu der Rudolf Steiner (Anthroposophie) wesentliche Hinweise gegeben hat. Auch Ivan Illich und Erich Fromm gehören zu den Erneuerern.  Zum Teil biete ich Literatur von diesen Ideenträgern in der beiliegenden Bestelliste und auf meiner Web-Seite www.neuepolitik.com an. Was in dem Buchangebot fehlt, kann ich beschaffen.

Diskussionen über die Kandidaten zur Bundespräsidenten-Wahl 2009 oder aber auch um die Vokabeln „nicht regierungsfähig“ haben Hochkonjunktur. Die  Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl können warten, „nicht regierungsfähig“ deshalb nicht,  weil dieser Begriff diffamieren und demokratisches Handeln der politischen Konkurrenz einschränken soll. Die Verwendung des Begriffes soll den Parteien eine faire öffentliche Diskussion über Sachthemen ersparen und eine Meinungsbildung des Bürgers verhindern.

Wer irgendeine Person oder Partei, die in ein Parlament gewählt worden ist, als „nicht regierungsfähig“ diffamiert, ist kein Demokrat, noch nicht einmal ein „Partei-Demokrat“.  Er entlarvt sich selbst. Er outet sich als Mitglied einer kriminell-politischen Vereinigung (Polit-Mafia).

Ich begrüße es außerordentlich, daß der Berliner Senat (Landesregierung) sich im Bundesrat bei der Abstimmung über den ominösen Europa-Vertrag der Stimme enthalten hat. Noch besser wäre es gewesen, wenn der Senat gegen diesen Europa-Vertrag gestimmt hätte. Dieser Vertrag ist in seinen entscheidenden Paragraphen unsozial nach innen, kolonialistisch nach außen und durch das Rüstungsgebot kriegsfördernd.

Daß DIE LINKE die einzige Parlamentspartei ist, die den Europa-Vertrag ablehnt, der einstmals „Verfassung für Europa“ hieß, ist ein Polit-Trauerspiel. Alle anderen Parlaments-Parteien ignorieren die durch Umfragen ermittelte Mehrheit der Bürger, die diesem Vertrag in einer Volksabstimmung nicht zustimmen würden. Einmal mehr können wir rufen, „Demokratie ade“, es lebe die Verteilungsdiktatur der USA und des „vereinten“ Europas.  Diese Diktatur veranlaßt die Rohstoff- und Hegemoniekriege (Irak, Afghanistan, Iran?, Myanmar?, Tibet/China?) und innenpolitisch in den Hegemonie-Staaten die innenpolitischen Überwachungssysteme,  die die deutschen Vorbilder Stasi, Gestapo und SD in den Schatten stellen.

Die aktuelle Telekom-Abhör- und Kontrollaffäre ist eine Kopie dieses (Schäuble-)Überwachungssystems. Was der Staat, vertreten durch die meisten politischen Parteien, kann, können die Konzerne schon lange, vor allen Dingen dann, wenn sie, wie die Telekom, über alle technischen Mittel verfügen, sich Informationen zu beschaffen. Ich bin überzeugt, daß es noch mehr Konzerne gibt, die ähnlich wie die Telekom verfahren. Der Respekt vor dem Grundgesetz, ja, vor den Gesetzen allgemein, ist gering. Mit krimineller Energie werden die Renditen hochgetrieben, an denen sich meistens die Prämien der Manager orientieren.

Die Aufregung der Arbeitnehmervertreter, wie z.B. die des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer, über die Bespitzelung ist - mit Recht - groß. Aber sind die Arbeitnehmervertreter wirklich nur Opfer? Sie gehören zu der politischen und wirtschaftlichen Oligarchie und Bürokratie, die die Freiheitsrechte des Bürgers systematisch einschränken und abschaffen. Solange nicht sie, sondern nur der Bürger, betroffen sind, habe ich keine empörten Fernsehauftritte von Michael Sommer zur Rettung von Freiheit und Demokratie in Erinnerung. Ich weise Sie auf den Text Vorratsdatenspeicherung auf Seite 7 hin.

Ich darf mich einmal ausnahmsweise selbst zitieren. In der  Ausgabe März/April 2008 schrieb ich u.a. unter der Überschrift Steuerhinterziehung und Betrug: > Viele Gesetze, egal, in welchem Bereich, werden von den Lobbyisten geschrieben. Die Ministerialbürokratie segnet sie ab und der Minister bringt sie in das Parlament ein. < Es ist schlimmer, als ich gedacht habe. Auf der Web-Seite von LobbyControl - Initiative für Transparenz und Demokratie wird gemeldet: > Lobbyist kommt von Lobby – dem Ausdruck für die Vorhalle des Parlamentes. Auf die Vorhallen der politischen Entscheidungsgremien müssen sich Lobbyisten heute jedoch nicht mehr beschränken: Bei den Ministerien von Bund und Ländern haben sie gleich ihren eigenen Schreibtisch im Haus. Bezahlt werden sie weiterhin von ihren eigentlichen Arbeitgebern, zumeist große Unternehmen und Wirtschaftsverbände. In den Ministerien aber stricken sie an den Gesetzen mit, die eigentlich ihre Firmen regulieren sollen. Sie werden in die Verwaltungsabläufe eingebunden und bekommen Einblick in interne Prozesse. So erhalten sie einen bevorzugten Zugang zur Politik und können auf diesem Wege gewonnene Informationen zum Vorteil ihrer Unternehmen nutzbar machen. Mittlerweile ist bekannt, daß jährlich ca. 100 externe Mitarbeiter in den Bundesministerien mitarbeiten. Eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof ergab, daß die Lobbyisten an Gesetzen mitwirken und sogar in Führungspositionen arbeiten. Der Haushaltsausschuß des Bundestages fordert nun von der Bundesregierung klare Grenzen für den Einsatz externer Mitarbeiter. <

Die Bürger der Bundesrepublik haben viel zu tun, um den Augiasstall auszumisten.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

(abgeschlossen am  19. Juni 2008)

 
     
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