Dieter Kersten - Januar 2007    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

es gibt wenig Frohe Botschaften für das neue Jahr und deshalb gebe ich mir auch gar keine Mühe, krampfhaft so zu tun, als begänne die Welt sich  dem Frieden entgegen zu bewegen. In esoterischen Kreisen wird immer noch von dem Beginn eines Wassermann-Zeitalters gesprochen, von den Indigo-Kindern, und von der großen (Friedens-)Wende. Manchmal, das lehrt die Erfahrung, kann der Glaube Berge versetzen. Aber die NEUE POLITIK gehört keiner Glaubensrichtung an; wir müssen uns leider der Realität stellen. Die Realität ist, daß wir alle selber Gestalter unserer Schicksale sind.

70 % der US-Amerikaner sollen den Umfragen nach gegen die Irak-Politik ihres Präsidenten sein. Was sich hinter den 70 % verbirgt, das berichten uns die Nachrichten nicht. Unterschiedliche politische Auffassungen subsumieren sich in diesem Prozentsatz. Die restlichen 30 % schaffen es immerhin, zum Beispiel mit Kampagnen an den US-Universitäten, eine Gedankenpolizei zu installieren, die politisch Andersdenkende denunziert. Während die so genannte Baker-Kommission einen Rückzug aus dem Irak empfiehlt, plant Präsident Bush eine Verstärkung der Truppen. Der Republikaner Baker, Freund der Familie Bush, hat es mit seiner Kommission geschafft, im In- und Ausland den Eindruck zu erwecken, er könne die Regierung der USA auf einen Friedenskurs drängen. Die 30 % Kriegsbefürworter sind aber stärker als die 70 % „Gegner“, weil die in den USA wirklich Mächtigen sich in den 30 % wiederfinden. Ich will nicht schreiben, daß sie sich über die 70 % lustig machen werden, denn Mehrheiten sind für die absurdeste politische Richtung immer von Vorteil.

Ich halte es nach wie vor für richtig, daß die Bundesrepublik Deutschland, zusammen mit  EU-Europa, in den Auseinandersetzungen zwischen der zur Zeit einzigen militärischen Großmacht USA und dem Rest der Erde eine strikt neutrale Haltung einnimmt. Es gibt bestimmte Voraussetzungen: keine Produktion von Waffen mehr in Deutschland und Europa (außer Polizeiwaffen) und, das ergibt sich daraus, kein Export von Waffen in irgendein Land dieser Erde. Alle us-amerikanischen Stützpunkte einschließlich der (Atom-) Waffenläger müssen aufgegeben werden.

Allein die Tatsache, daß  Ende November in Riga die  NATO- Tagung geplant war, entfachte im Vorfeld innerhalb der politischen Klasse die Diskussion um die Rolle des Bündnisses in Asien, insbesondere in Afghanistan. Die us-amerikanische Regierung und der NATO-Generalsekretär als deren Sprachrohr favorisieren  eine weltweite Ausdehnung der  militärischen Tätigkeit des Bündnisses. Die Deutschen, feige wie sie sind (?), so heißt es im NATO-Hauptquartier, sollen in Afghanistan endlich das Töten lernen. Für was? Für die Rohstoffe, die die Deutschen und ihre Verbündeten für ihren Wohlstand brauchen. Im Blickpunkt standen und stehen deshalb auch Nordkorea und China. Die NATO soll für einen Militäreinsatz „fit-gestimmt“ werden.

Seit dem 11. Dezember 2006 soll nach Pressemeldungen eine  Tornado-Anforderung an die deutsche Regierung vorliegen. Der Panavia 200 „Tornado“ MRCA ist ein zweisitziges Mehrzweck-Kampfflugzeug, das als Jagdbomber, Abfangjäger und Aufklärer eingesetzt werden kann.  Es wird der Öffentlichkeit suggeriert, daß die Tornados ja „nur“ für die Aufklärung da sind.

Afghanistan ist ein Land zwischen dem Iran und China. Iran ist bekanntermaßen von der us-amerikanischen Regierung schon lange als Kriegsziel auserkoren. Die zukünftigen Stationierungsgebiete für die NATO in Korea und in der Straße von Formosa deuten auf die Volksrepublik China hin. Da sind die Tornados in Afghanistan gerade richtig stationiert. Wir müssen uns auf jeden Fall aus diesen Weltkriegs-Händeln heraushalten bzw. verhindern.

Sie finden auf den Seiten 2  bis 4 u.a. zwei Interviews. Der eine Interview-Partner ist der CDU-Abgeordnete Willy Wimmer, der andere Interview-Partner ist Egon Bahr (SPD). Beide Politiker fordern bei irgendwelchen (militär-)politischen Veränderungen Diskussionen und Entscheidungen im Parlament und nicht in den Hinterzimmern des Bundeskanzleramtes. Beide Politiker sind mit unterschiedlichen Argumenten gegen die Ausdehnung von NATO-Kriegsteilnahmen in Asien. Die Interviews fanden vor der NATO-Tagung, vor der Veröffentlichung der Baker-Papiere und vor der Tornado-Anforderung statt Das Erstaunliche und gleichzeitig Begrüßenswerte ist, daß Herr Wimmer für einen Austritt aus der NATO eintritt.

Möglicherweise ist die UN-Resolution vom 23. Dezember 2006 zu dem iranischen Atomprogramm ein entscheidender Schritt zu dem vom US-Präsidenten Bush und seiner Kamarilla geplanten Krieg gegen den Öl- und Mullah-Staat. Die nahezu begeisterte Zustimmung zu „mehr Druck“ auf den Iran durch Angela Merkel und die mutmaßliche Entsendung von Tornados nach Afghanistan passen sehr gut zusammen. Leider sind die von unseren Medien veröffentlichten Stimmen aus dem Iran, Rumpelstilzchen läßt grüßen, Öl  auf das Feuer us-amerikanischer Kriegsabsichten. Die Zeitschrift NEUE SOLIDARITÄT veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 13. September 2006 ein Interview, welches der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami am 3. September der Chicagoer „Financial Times“ gegeben hatte. In diesem Interview betonte Chatami, daß ein „nachhaltiger Friede möglich  ... ist“. Mit den Methoden von Alles oder Nichts des Herrn Bush und der Dame Merkel ist kein Friede zu wahren.

Ebenfalls am 23. Dezember, fand ein, wie es heißt, schon lange geplantes Treffen des palästinensischen Präsidenten  Mahmud Abbas mit dem israelischen Ministerpräsidenten  Ehud Olmert statt. Ich irre mich wahrscheinlich nicht, daß dieses Treffen einer Art „Frontbegradigung“ galt, denn nichts wäre schlimmer, wenn es während eines Krieges gegen den Iran einen Aufstand der Palästinenser gegen ihre Ghettoisierung geben würde.

Nun zum Schluß: Ich hatte Sie, meine Leserinnen und Leser,  in der letzten Ausgabe gebeten, mir Ihre Meinung über den Beitrag von Martin Rust West-Berliner Trümmerfrau Anno 2006 mitzuteilen. Von neun Leserinnen haben sich sechs Leser positiv und drei Leser negativ geäußert.

.Dieser Ausgabe liegt ein Flugblatt der Aktion 18. März bei. Es geht um eine „Unterschriftensammlung über Parteigrenzen hinweg, den 18. März zum Gedenk- und Feiertag in Deutschland zu erklären.“ Der Bürgeraufstand am 18. März 1848 war die einzige (bürgerliche) Revolution in Deutschland. Wir sind arm an Gedenktagen. Der 18. März 1848 wäre ein Tag der Identifikation mit der eigenen Geschichte.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

( Abgeschlossen  am 12. Januar 2007)

 
     
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