Dieter Kersten - Februar 2005    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

während ich beginne, das Editorial zu schreiben, sind BRD-Politiker und Medien voller Lob über die Wahlen im Irak am 30. Januar. In der Tat hatte auch ich mir den Wahltag blutiger vorgestellt als er dann tatsächlich war. Immerhin ist in einem bescheidenden Umfang und im Geiste westlicher (us-amerikanischer) Demokratievorstellungen gewählt worden. Weitgehend ausgenommen von den Wahlen war die sunnitische Bevölkerungsgruppe, an der us-amerikanische Rache als Exempel statuiert wurde und wird, nur weil die meisten Regierungsangehörigen unter Saddam Hussein Sunniten waren. Auf Seite Fünf dokumentiere ich einen Bericht über die us-amerikanischen Morde in und um Falludscha. So etwas wie in Falludscha hat sich auch in anderen Orten des Iraks zugetragen. Hier und dort sind die "Feinde" Sunniten.

Mir scheint wieder einmal, daß die Welt ein Irrenhaus ist, national wie international. Ich hatte ursprünglich vor, einen Beitrag über das Verhalten der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, die Shoa und andere Gräuel im 2. Weltkrieg zu schreiben, aber mit einem Mal zwang mich eine Schreibsperre, aufzuhören. Dabei hatte ich eine "schöne" Überschrift - > Eine gute Tat ist besser als tausend Seufzer <. Ich beschrieb in meinem mißlungenen Beitrag, wo ich >>dieses Sprichwort ... aufgeschnappt hatte .. beim Hören von RBB Inforadio am 28. Januar. Es wurde ein Rabbi in Moskau interviewt, der auf Russisch diesen Satz sprach. Ich weiß noch nicht einmal, ob es sich um ein russisches oder ein jüdisches Sprichwort handelt. Mir gefällt es, egal woher es kommt.<<

Es hat in Deutschland noch nie eine ergebnisoffene und bürgernahe Diskussion über den deutschen Antisemitismus und die zwölf Jahre Hitlerei gegeben. Über die vierzig Jahre dauernde Herrschaft der irakischen Bath-Partei und Saddam Husseins zerreißen sich unsere wackeren Kommentatoren in Rundfunk und Fernsehen die Mäuler, aber die deutsche Geschichte, die unsere Gegenwart bestimmt, wird immer nur aus einem einseitigen Blickwinkel gesehen.

Der Blickwinkel ist davon bestimmt, daß es zwischen 1945 und 1949 keinen Neuanfang in Deutschland gegeben hat, sondern daß die politische Klasse, die in der Weimarer Republik versagt und auch noch Hitler und seine Kumpane formal an die Macht gebracht hatte, ihre alten Funktionen, nur noch komfortabler, nach 1945 wieder erhielten. Ja, sogar die Leute, die zwischen 1933 und 1945 ihrem kriminellen politischen Handwerk nachgegangen waren, wurden weitgehend rehabilitiert. Dabei gibt es keinen Unterscheid zwischen DDR und alter BRD. Die DDR war in vielen Bereichen die rote Fortsetzung des braunen Staates. Deshalb wundert es mich auch nicht, daß in zwei Bundesstaaten auf dem Boden der ehemaligen DDR, in Brandenburg (DVU) und in Sachsen (NPD), natürlich mit Hilfe altbundesrepublikanischer "Volksgenossen", "rechte" Parteien in die Parlamente kamen. Viele Menschen in der ehemaligen DDR sind seit 1933 in einem Milieu aufgewachsen, in dem die Sumpfgewächse Fremdenfeindlichkeit, Deutschtümelei und Antisemitismus gedeihen. In der alten BRD tobte zwar zeitweilig die Auseinandersetzung zwischen links und rechts, wobei Fremdenfeindlichkeit, Deutschtümelei und Antisemitismus auch vorkamen, aber merkwürdig eunuchenhaft. Wer die Verantwortung der politischen Elite für die Hitlerei diskutieren wollte, der wurde entweder völlig totgeschwiegen (konnte sich kein Gehör verschaffen) oder bekam zu hören - "Geh doch rüber" (in die DDR). Die Oligarchie hatte und hat die Menschen in Deutschland fest im Griff.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie wissen, daß ich schon des öfteren über die Finanzierung Hitlers und seiner Partei durch die Bankhäuser Baruch und Warburg berichtet habe. Henry Ford besuchte Hitler an seinem 50. Geburtstag und überreichte ihm 50 000 Dollar als Geschenk. Seitdem George W. Bush in den USA an der Regierung ist, wird kolportiert, daß sein Großvater Prescot Bush vor 1933 die SA bewaffnet hat. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang folgende Meldung, die ich am 6. November 2004 im ARGENTINISCHEN TAGEBLATT unter der Überschrift Klage gegen Bush vorfand: > Düsseldorf (dpa) - Wenige Tage vor der Präsidentenwahl in den USA ist beim Bundesbezirksgericht New York eine Millionenklage von Holocaust-Opfern gegen Amtsinhaber George W. Bush eingereicht worden. Wie der Düsseldorfer Anwalt Peter Wolz am Montag berichtete, werden vom US-Präsidenten 400 Millionen US- Dollar Schadenersatz gefordert. Kläger sei die internationale Projektgruppe Auschwitz-Sammelklagen (IPAS). Ihrer Ansicht nach beruht das geerbte Vermögen Bushs zum Teil auf Gewinnen aus NS-Sklavenarbeit, die dessen Großvater Precott Bush mit Geschäften mit den Nazis während des Zweiten Weltkrieg gemacht habe.<

Da uns die Geschichte immer wieder einholt, zweiundsiebzig Jahre nach der Machtergreifung Hitlers und sechzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, verlange ich eine umfassende Aufklärung. Unter Aufklärung verstehe ich nicht nur die Öffnung aller Archive, die mit der Geschichte der letzten hundert Jahre zu tun haben, sozusagen die Offenlegung aller Fakten und die Klärung aller Gerüchte und Vermutungen, sondern auch eine umfangreiche, vorurteilsfreie Diskussion. Ich verbitte mir den Umerziehungs-Unterton, den manche Vertreter der Medien in Deutschland anders meinenden gegenüber anschlagen.
Die jetzt herrschende politische Klasse, oder wie ich auch gerne schreibe, die Oligarchie, das sind die Kinder und Enkel der politischen Klasse, die Hitler an die Macht gebracht oder die sogar mit Hitler paktiert hat. Ihre Vertreter Schily, Schröder, Merkel und Konsorten forcieren mit ihren diversen Gesetzesvorhaben die Kontrolle über die Bürger. Hinzu kommt, daß die jetzige bundesdeutsche Oligarchie nicht nur verantwortlich ist für die laufende Globalisierung, sondern auch für die damit einher gehenden sozialen Zumutungen. Die politische Klasse stellt diese Beziehung selbst her. Sie muß sich also fragen lassen, ob ihr politisches Handeln nicht von dem Ungeist des 3. Reiches bestimmt wird: der Menschenverachtung.

> Eine gute Tat ist besser als tausend Seufzer <, was ist das für ein schönes Sprichwort !! Nachdem ich Sie im Editorial mit tausend Seufzer versorgt habe, hoffe ich, daß Sie Freude am sonstigen Inhalt haben. Teilen Sie mir Ihre Meinung mit, per Email, Fax oder Brief.

An dieser Stelle möchte ich allen Abonnenten für ihre Überweisungen danken. Ich freue mich über die großzügigen Aufrundungen des Abo-Betrages. Das Geld fließt in die notwendige Werbung. Ich weiß, daß es viele Menschen, auch unter uns, gibt, die auf jeden Cent achten müssen. Deshalb Ihnen allen meine Hochachtung.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

(abgeschlossen 11. Februar 2005)

 
     
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