Dieter Kersten - März / April 2004    
Editorial    
     
 
Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben in diesem Jahr in Deutschland 15 Kommunal - und Landtagswahlen und dennoch keine Wahl. Welche Partei sich auch immer zur Wahl stellt, sie ist eben nur Partei, nur ein Teil vom Ganzen, ein Interessenverein zur Erlangung eines politischen Mandats, zur vermeintlichen bis tatsächlichen Erringung von Macht Einzelner bzw. Gruppen. Gemeinschaftsinteressen des Bürgers, das ist nur etwas für Sonntagsreden von Parteipolitikern und fallen der Korruption und/oder dem "Kuhhandel" zum Opfer. Vieles geschieht unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Die Medien verbreiten eine "veröffentlichte Meinung", die genau das wiedergibt, was die Interessengruppen = Parteien vorgeben. Das ebenfalls unzulässige aber durchaus übliche Gegenstück ist, daß Medien selber "Politik machen". Nachrichten und Meinungen werden in höchst unzulässiger Weise miteinander verknüpft.

Die Parteien und ihre Parlamente, ihre Interessen-Organisationen, sind an die Stelle des "Gottesgnadentums" der Fürsten getreten. Sie empfinden sich auch so. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.

Demokratie, als Volksherrschaft verstanden, muß grundsätzlich neu gebaut werden Ein wichtiger Zwischenschritt ist die Volksgesetzgebung durch Volksentscheid. In einem sehr begrenzten Umfang ist das in einigen Bundesländern schon möglich. Nur müssen sich, sollte der Volksentscheid von unten nach oben gehen, immer wieder neue Initiativgruppen bilden, die finanziell schlecht ausgestattet sind und die gegen den parteienfixierten Medienrummel sehr schwer ankommen.

Im letzten Absatz des Editorials vom Februar d.J. habe ich auf Artur Mahraun und seine Demokratie-Ideen hingewiesen.

Artur Mahraun, geboren am 30. Dezember 1890 und gestorben am 27. März 1950, war in der Weimarer Republik Hochmeister des von ihm gegründeten Jungdeutschen Ordens. 1927 erschien das Jungdeutsche Manifest - Untertitel - Volk gegen Kaste und Geld - Sicherung des Friedens durch Neubau der Staaten. Es enthält einen Staatsvorschlag, aufgebaut auf Nachbarschaften von je ca. 500 beieinanderwohnenden Wahlberechtigten, deren gewählte Vertreter in einem pyramidenförmigen Staatsaufbau von unten nach oben bis zum Reichspräsidenten alle politischen Gremien besetzen sollte. Die Wahlen sollten im Kursystem sttattfinden, d.h., das nächst folgende Parlament bestätigt die vorherige Vertretung. Parteien waren in diesem demokratischen Kursystem nicht vorgesehen. In seinen Nachkriegsschriften Deutschland ruft und im Prostest des Individuums rückt Mahraun von der Kurwahl ab und sieht den nachbarschaftlichen Staatsaufbau als eine ausgleichende, kontrollierende Gewalt des Volkes neben den Parteienparlamenten vor. Wichtig ist, daß jeder Nachbarschaftssprecher in jeder Stufe des nachbarschaftlichen Staatsaufbaus jederzeit abwählbar ist. Wichtig ist auch, daß die politische Nachbarschaft ein Beratungsort ist, in dem Sachverstand und gesunder Menschverstand den Spezialinteressen der Parteien und Medien gegenüber gestellt wird.

Die politischen Nachbarschaften wären eine klare und auch notwendige Machtbeschränkung der Parteien. Das ist durchzusetzen, indem in einer Verfassunggebenden Nationalversammlung eine neue Verfassung augearbeitet wird, in der die politischen Nachbarschaften als Hoheitswesen des Volkes einen zentralen Platz einnehmen müssen. Eine Verfassung ist ohnehin nach dem alten Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland - Artikel 146 - geboten. Diese Gebot, sich nach der Deutschen Einheit eine Verfassung zu geben, ist 1990 von der Kohl-Regierung und den Parteien im Bundestag hintertrieben worden.

In dem System der zwei Säulen politischer Gestaltung hätten die Parteien endlich die Möglichkeit, das zu sein, was sie ohnehin sind: Interessenvertreter von Gruppen unterschiedlichster Art. Sie bräuchten sich nicht mehr zu verbiegen. Das Volk (die Bürger) hätte seine ureigenste Vertretung in der nachbarschaftlichen Ordnung. Der Bürger ("der Nachbar") wäre eingebunden in alle Entscheidungen Die meisten Bürger sind auch heute schon dazu in der Lage. Es muß nur die entsprechende Form der direkten Demokratie geschaffen werden.

Mahraun schlug im Jungdeutschen Manifest auch jeweils eine Wirtschafts-, Frauen- und Kulturkammer vor. Es gibt nichts, was im Hoheitswesen des Volkes, in den Politischen Nachbarschaften, nicht abgestimmt werden kann. Es liegt am Bürger. Es gibt dann keinen Grund mehr, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen.

Auf Seite 2 und 3 greife ich am Beispiel eines Artikels von Oberstleutnant Dipl.-Päd. Jürgen Rose das Thema der aktiven Neutralität wieder auf und erweitere es, indem ich über die neue Welt der Globalisierung berichte.
Auf Seite 3 ff gebe ich den Text eines Rundfunkinterviews wieder. Labor-Nahrung ist ja gleichzeitig Labor- "Gesundheit", d.h. viele der modernen Krankheiten von Mensch und Natur werden durch das "Labor" erst hervorgerufen. Mit der Natur hat das alles nichts zu tun. Die Behauptung, die zunehmende Zahl der Menschen auf dieser Erde ist ohne Chemie und Gentechnik nicht zu ernähren, ist durch mehrere Studien längst widerlegt. In Europa werden zunehmend ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Flächen "stillgelegt", und dafür wird u.a. in Afrika Hunger inszeniert, weil das reiche Europa in ausbeuterischer Manier von dort Lebensmittel bezieht.

Zum Schluß lassen Sie mich noch auf ein außenpolitisches Thema eingehen, welches ganz offensichtlich hochbrisant ist, sonst würde die CSU es nicht zu ihrem Wahlkampfthema machen - der mögliche Beitritt der Türkei in die EU. Zu dem Thema Europa hatte ich mich bereits im Editorial der Januar-Ausgabe geäußert. In den Sonntagsreden über Europa finde ich keine "europäische Idee". Europa ist kein kulturelles Projekt sondern eine rein wirtschaftliche Angelegenheit. Europa wird durch die Konzerne vorangetrieben und nicht durch die Menschen. EU-Europa hat keine demokratische Ordnung, noch nicht einmal eine parteidemokratische Ordnung. Europa besteht aus Bürokratie und einem Schein-Parlament. Ich bin deshalb der Auffassung, daß es ein Fehler ist, die muslimische Türkei in ein demokratisch wie kulturell völlig desolates Europa zu holen. Ich bin der Auffassung, daß wir die Türkei unterstützen sollten, eine "Union nahöstlicher Staaten" zu bilden. Die kulturellen Gemeinsamkeiten im Nahen Osten sind größer, als eine kulturelle Gemeinsamkeit mit der Europäischen Union. Vielleicht gelingt es, diese "Union nahöstlicher Staaten" kulturell und demokratisch fundierter zu gestalten, als es dieses zur Zeit "real vorhandene" Europa ist.

Die nächste Ausgabe des Kommentar-und Informationsbriefes erscheint im Mai. Der Buchdienst steht Ihnen auch zwischenzeitlich zur Verfügung. Für Anregungen bin ich immer zugänglich. Bleiben Sie mir gewogen.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

Abgeschlossen 12. März 2004

 
     
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