Dieter Kersten - Mai 2003    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank an alle alten und neuen Abonnenten. Die ersten drei Monate eines Jahres sind - materiell gesehen - für mich entscheidende Monate, weil ich in dieser Zeit die Abo-Rechnungen für das neue Jahr schreibe. Bleiben mir meine alten Leser treu? Honorieren sie meine Arbeit? Ja, danke schön, fast hundertprozentig bleiben Sie mir erhalten und die Auflage steigt! Die Werbemaßnahmen werden zwar im wesentlichen aus meiner Tasche bezahlt - dennoch sind die großzügigen Aufrundungen des Abo-Betrages eine nicht zu unterschätzende Aufmunterung.

Für mich war es sehr interessant, daß das als Prämie für Neubezieher angebotene Taschenbuch von Rainer Dohse - Der Dritte Weg, Neutralitätsbestrebungen in Westdeutschland zwischen 1945 und 1955 - ein absoluter Renner war. Kann es sein, daß sich immer mehr Menschen Gedanken darüber machen, wie Deutschland und Europa durch eine aktive Neutralität Angriffskriege wie den aktuellen Irakkrieg verhindern kann? Ich denke, ja! Die Neutralitätsbestrebungen sind keine geschichtliche Reminiszenz, sondern sie sind Gegenwart. Wie das Dohse-Taschenbuch berichtet, war Wolf Schenke, der 1956 begann, die NEUE POLITIK herauszugeben, einer der wesentlichen Motoren dieser Bewegung. Auf Seite 7 bespreche ich das Buch Die Neutralisten, welches über das Taschenbuch von Rainer Dohse weit hinaus geht und auch die Rolle der Zeitschrift NEUE POLITIK in der bundesrepublikanischen Neutralitätsbewegung beschreibt. Um zu unterstreichen, wie wichtig es ist, dieses Thema in der …ffentlichkeit zu verbreiten und zu vertreten, werde ich jeder Bestellung des Buches von Alexander Gallus auf Wunsch das Taschenbuch von Dohse zum Sonderpreis von € 3,- beifügen. Dieses Angebot gilt bis zum 31. Mai 2003. Bitte sind Sie so liebenswürdig und vermerken Ihren Wunsch in Ihrer Bestellung.

Neben dem Krieg im Irak beschäftigt uns Deutsche die soziale Frage. Tatsächlich? Ich denke, es geht immer noch um Äußerlichkeiten und nicht um Grundsätzliches. Auf Seite 2 beschreibe ich einige Aspekte dieses innenpolitischen Themas.

Auf Seite 4 ff komme ich meiner Informationspflicht nach.

Wo ist Saddam Hussein? Diese Frage wäre nicht so spannend, wenn nicht von Tag zu Tag klarer wird, daß George W. Bush gelogen hat. Christlich gelogen, denn er wird ja alle wortgewaltigen Prediger seiner Chistlich-Methodistischen Kirche hinter sich haben. Oder? Es sieht doch so aus, wenigstens an diesem Tag, an dem ich das Editorial schreibe, daß es keine Massenvernichtungswaffen im Irak gibt. Das war der einzige Kriegsgrund, den Herr Bush nannte. Das müssen wir uns einprägen. Das ist kein Antiamerikanismus, aber es ist Veranlassung genug,, sich von der us-amerikanischen Regierung zu distanzieren. Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten hat einzig allein Israel. Sollten noch irgendwo anders welche gefunden werden, ist davon auszugehen, daß die us-amerikanische Regierung diese dorthin geschafft hat. Die zweite von wahrscheinlich tausend Lügen ist die, daß die us-amerikanische Regierung nicht weiß, wo Saddam Hussein steckt. Im deutschsprachigen ARGENTINISCHEN TAGEBLATT teilt Anne-Beatrice Clasmann unter der Überschrift Mit Saddam zehntausende Gefolgsleute wie vom Erdboden verschluckt mit, daß > jeder, der irgendwie zum System gehörte, schon Tage vorher (Anm. D.K.: zwei Tage vor der Einnahme von Bagdad) .. wußte, was passieren würde <. Clasmann berichtet von einem Geheimabkommen zwischen der US-Regierung und der Regierung Saddam Hussein, welches ein Überleben der Funktionäre der Bath-Partei und der irakischen Militärs ermöglicht. Die Nachrichten über gelegentliche Festnahmen hoher Funktionäre von Partei und Staat gleichen den Berichten von der "Jagd" nach Osama bin Laden.

Daß die meisten Iraker sich nicht von den US-Amerikanern "befreit" fühlen, auch wenn sie sich freuen, das Regime Saddam Husseins los zu sein, spricht für ein ausgeprägtes politisches und kulturelles Selbstbewußtsein der Bevölkerung. Ich wünschte, wir hätten dieses Bewußtsein 1945 gehabt; wir waren wahrscheinlich innerlich und äußerlich so zerstört, daß wir uns gegen die us-amerikanische Anmaßung und Überfremdung nicht wehren konnten. Die Worte, die jetzt aus dem Irak über den Äther kommen, sind eindeutig: wir wollen nicht amerikanisch werden. Abtransport und Vernichtung der Kulturschätze des Iraks fanden mit Duldung der US-Amerikaner statt, was das Mißtrauen der Bevölkerung entscheidend erhöht. Wir sollten uns nicht wundern, wenn es zu einer religiösen Fanatisierung kommt. Die Verantwortung liegt bei dem Methodisten Bush.

Peter O. Chotjewitz schreibt in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 25. April: > Falsch wäre es nur, Bush zum alleinigen Versager zu machen <. Versager? Der gleiche Autor schreibt zwei Sätze weiter: > Herr Bush führt eine Außenpolitik vor, die mit Intervallen fast zweihundert Jahre zum System seines Landes gehört. Die jetzige Intervention im Nahen Osten ist die Fortsetzung einer langen Reihe von Eroberungskriegen, die sie in Mittel-und Südamerika und im Pazifik zur Hegemonialmacht gemacht hat <.

>Nur eine Frage< entnehme ich der Wochenzeitschrift FREITAG vom 17. Januar, > Warum bringt Deutschland im UN-Sicherheitsrat keine Resolution ein, die sich gegen jede militärische Lösung der Irak-Krise wendet? <

In der Tat, auf Bush und seine Junta einzuschlagen, ist eine Sache; der Junta aber mit völkerrechtlichen und demokratischen Methoden Einhalt zu bieten, ist eine andere, eine gute Sache. Der Kriegsforscher und New Yorker Publizist David Rieff schreibt im Berliner TAGESSPIEGEL vom 27. März: > Doch Amerika ist ein revolutionäres Land. Es will die Welt nach seinem Bild formen <. Aber, Revolution hat nichts mit Demokratie zu tun, eher etwas mit Staatsstreich, so wie die bezahlten Politbanditen wie Lenin, Trotzki und Hitler mit Hilfe us-amerikanischen Kapitals an die Macht gekommen sind, von Pinochet, Saddam Hussein und vielen anderen ganz zu schweigen.

Leser Franz Vogler hat am 22. Februar Papst Johannes Paul II. in einem Brief gebeten, mit seiner ganzen Autorität in den Irak zu gehen, um den Krieg zu verhindern. Vergeblich! Der menschengemachte "Stellvertreter Gottes" kennt seine Verletzlichkeit und die Grenzen seiner Macht. Seine Macht ist an der Berechnung seiner Vorgänger zerbrochen, die sich am Kauf von Politbanditen zweitausend Jahre lang beteiligt haben. Der letzte Streich fand unter Johannes Paul II. statt, als er mithalf, Jugoslawien zu zerstören.

"Shame on you, Mr. Bush", rief der Dokumentarfilmregisseur Michael Moore mutig während der 75. Oscar-Zermonie im März d.J.. Dazu gehörte mehr Mut, als der Papst in seinen Predigten zeigt oder Herr Schröder im Bundestag.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen am 15. Mai 2003

 
     
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