Dieter Kersten - September 2001    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

ab und zu bekomme ich zu hören, daß ich, insbesondere in meinem Editorial, also auf dieser ersten Seite, zu negativ bin; es heißt, was ich da schreibe, zieht die Menschen hinunter. Sie hören auf, die erste Seite zu lesen und das Ergebnis ist, daß sie die folgenden Seiten nicht weiterlesen. Ich selber behaupte aber von mir, daß ich ein sehr positiv denkender Mensch bin; ws liegt mir fern, ohne jede Veranlassung mit den Fingern meiner Schreibhand in dem Politdreck herumzuwühlen. Aber die Welt ist eben so, wie sie ist. Es ist doch nicht zu leugnen, daß es diesen Dreck zu Hauf' gibt, und zwar so viel, daß ich manchmal das Gefühl habe, zu ersticken. Noch einmal: wenn ich kein positiv denkender Mensch wäre, dann könnte ich die Gegenwart nicht ertragen; ich müßte privatisieren, alle Medien abschalten und abbestellen und nur noch "erbauliche" Literatur lesen.

Was ich will, das ist, wenn's gelingt, mit möglichst spitzer Feder auf die Fehlentwicklungen unserer Zeit hinweisen, um dann mit alten und/oder neuen Ideen möglichst nachhaltig Abhilfe zu schaffen. Richtig soll es heißen: meine Aufgabe ist es, Sie als Leserin und Leser zu ermuntern, kulturellen, ökonomischen, ökologischen und allgemein politischen Visionen mit Ihrem Willen Raum zu geben, damit sich wenigsten in Deutschland die Menschen als Teil der Menschheit weiter entwickeln können. Noch deutlicher kann es heißen: Sie und ich bzw. der Kommentar-und Informationsbrief NEUE POLITIK, wir haben die Aufgabe, Gegenwart und Zukunft mitzugestalten. Ich bin versucht, zu schreiben, was nutzt es uns, wenn wir feststellen, daß unsere Chance, etwas zu bewegen, sich gegen Null bewegt; wir können auch mit kleinen Mitteln Bewußtseinskräfte erzeugen, die weit über den persönlich-politischen Alttag wirksam sind.

Ich denke, daß wir bereits tief in den Auseinandersetzungen um den Bestand dieser Erde und um den Menschen stehen. Die Auseinandersetzungen erreichen eine neue Qualität, die durch die Berichterstattung in den Medien, "die veröffentliche Meinung", nicht gewürdigt werden. Die Demonstrationen in Genua anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels in Juli sind eine solche Auseinandersetzung. Das CommuniquŽ des Büros von Attac Frankreich veröffentlichte ich auf Seite 2 dieser Ausgabe. Die stilistischen Unebenheiten sind mit Sicherheit der Übersetzung zuzuordnen.

> Attac will ein breites gesellschaftliches Bündnis als Gegenmacht zu den entfesselten Kräften der Märkte bilden <, heißt es in der Selbstdarstellung, die Sie im Internet unter www.attac.org finden. > Über die …ffentlichkeit wollen wir Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben. Attac setzt darauf, möglichst viele Menschen zu gewinnen und mit ihnen gemeinsam zu handeln. <, heißt es an anderer Stelle. Der Vorsatz schließt absolute Gewaltlosigkeit ein. Das alles war den italienischen Behörden bekannt.

Aber die italienischen Behörden unter der Rechts-Regierung Berlusconis (unter Einschluß der Mussolini - Partei) hatte es auf Krawall abgesehen.. Der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini, Sekretär der neofaschistischen Partei Alleanza Nationale, hatte zusammen mit einigen Vertrauten direkt im operativen Zentrum der Polizei Quartier bezogen. Die Aufgabe der Einsatzkräfte war, öffentlich gemachte Kritik an der Globalisierung niederzuknüppeln. Daß damit die Globalisierung, d.h. die Ausbeutung der Völker durch wenige Staaten, erst so richtig in den Mittelpunkt der öffentlichen Auseinandersetzung kommt, damit haben die Auftraggeber der Knüppelorgien nicht gerechnet. Bezeichnend ist, daß der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) nicht nur das Knüppeln von Menschen zur ultima ratio weltweiter Politik erklärt, sondern nach dem Muster des Hitler- und DDR-Faschismus Einschränkungen der Reisefreiheit fordert Zitat: > Es gibt keine Reisefreiheit in Europa <.. Folgerichtig beklagen sich alle deutschen Betroffenen, Opfer wie Angehörige, über die mangelnde konsularische Betreuung des Auswärtigen Amtes unter Joschka Fischer (Bündnis90/Die Grünen).

Wenn es gleiches Recht für Alle geben würde, dann müßten die heren Grundsätze der internationalen Gerichtsbarkeit auch für die italienischen Einsatzkräfte von Genua gelten. Die deutsche SS ist 1945/46 u.a. wegen ihrer Unmenschlichkeit verurteilt worden. Warum wird die italienische Polizei international nicht angeklagt?

Als erschreckend empfinde ich es, daß in allen Einzelberichten der Demonstrationsopfer von einem unsäglichen Haß der Polizeikräfte gesprochen wird, von einem zügellosen Knüppeln und Foltern. Diesen Haß verbreiten hier nicht die Unterprivilegierten der italienischen Gesellschaft, sondern normale Beschäftigte im …ffentlichen Dienst, normal bezahlt und in der Regel unkündbar. Es waren nicht die Gedäschten der Gesellschaft, die ihre sinnlose Wut an anderen Menschen ausließen.

Zu Otto Schily (SPD) muß ich noch aus ganz anderen Gründen einige Worte schreiben. Er gehört zu denjenigen, die nicht nur die Hetze auf Asysuchenen und Ausländern fördern, sondern sich auch die Sozialhilfeempfänger als Buh-Frauen und - Männer, aber hauptsächlich auch als Buh-Kinder vorgenommen hat. Ein Großteil der Sozialhilfeempfänger sind nämlich Kinder unter 18 Jahre, eine trauriges Ergebnis unserer Wohlstandsgesellschaft. Dafür sind alle Parteien verantwortlich. Es bedient immer die alkoholgeschwängerten Primitiv-Stammtische, wenn auf Randgruppen herumgeschlagen wird. Eigentlich müßte es Schily wissen: die Kunst des Regierens besteht u.a. darin, ständig die sozialen Verhältnisse zu verbessern. Er sollte bei dem Begründer der Anthroposophie, Dr. Rudolf Steiner, nachlesen; dort und auch bei Silvio Gesell (Freiwirtschaftler), gibt es genug Anregungen, wie die soziale Frage zu lösen ist. Schily wird in der …ffentlichkeit des öfteren als Anthroposoph bezeichnet. Der Vorstand der Anthroposophische Gesellschaft sollte sich in aller …ffentlichkeit von der Politik Otto Schilys distanzieren, indem sie darauf hinweist, daß nichts, aber auch gar nichts in dieser Politik mit den Rudolf-Steiner-Ideen übereinstimmt.

Es ist lange her, da hat mir ein gelernter Anthroposoph erklärt, daß Hitler nur möglich gewesen war, weil Luzifer und Ahriman sich zusammen in Hitler inkarniert hätten. Hitler war Kunde des biologisch-dynamischen Landbaus (Demeter) und Vegetarier, und trotzdem war er ganz persönlich vom Bösen besessen. Wie ist es mit Otto Schily und wie ist es mit der Anthroposophischen Gesellschaft? Sind da auch schon Luzifer und Ahriman inkarniert? Es ist ja bekannt, daß der Vorstand der Anthroposophische Gesellschaft einstmals alle Anti-Atom-Proteste in ihren Reihen untersagte, weil ein Anthroposoph, nämlich Peter von Siemens, an dem Leid von Menschen viel Geld verdiente.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen 12. September 2001

 
     
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